Die Bundesingenieurkammer vertritt als Dachverband der 16 Ingenieurkammern der Länder rund 45.000 Ingenieurinnen und Ingenieure die mit ihrer planenden Tätigkeit eine Schlüsselfunktion für die Transformation des Bausektors übernehmen. Vor diesem Hintergrund begrüßt sie den vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) vorgelegten Entwurf der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) als ein erstes Konzept zur Erreichung der klima- und umweltpolitischen Ziele sowie gleichzeitig zur Sicherung der Rohstoffversorgung. Die Möglichkeit der Wiederverwertung von Baustoffen ist schon längst überfällig. Daher geht die NKWS an dieser Stelle in die richtige Richtung. Durch weitere Vorschriften, Zertifizierungen, Nachweise und Bürokratisierung darf das Bauen aber nicht teurer und unattraktiver werden. Das Ziel muss daher eine einfache und niedrigschwellige praxisnahe Umsetzung von nachhaltigen und umweltbewussten Bauweisen einschließlich deren Recyclingprozesse sein.
Schlüsselfunktion der Planung stärken
Um die Schlüsselfunktion der planenden Berufe im Kreislaufwirtschaftsprozess besser zu nutzen, ist die geplante Anpassung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), ein notwendiger Schritt, um bislang bestehende finanzielle Nachteile für Planende im Bestands(um)bau auszugleichen. Auch die im NKWS vorgesehene Pflicht zur Vorlage eines Schadstoffsanierungs- und Rückbaukonzeptes für Neu-,Um- oder Erweiterungsbauten erfordert zusätzlichen Planungs- und Dokumentationsaufwand, der als Vergütungstatbestand berücksichtigt werden muss.
Digitaler Gebäuderessourcenpass
Ausdrücklich begrüßt wird die verbindliche Einführung eines digitalen Gebäuderessourcenpasses. Über einen digitalen Gebäuderessourcenpass GRP können umweltbezogene Informationen über das Gebäude und die Art und Menge der darin verbauten Materialien und Bauprodukte digital erfasst werden. So können damit zukünftig das Ressourcenmanagement (Art und Umfang des Ressourcen- und Energieverbrauches bei der Herstellung und bei der Nutzung) und die Kreislaufführung (Informationen zur Verwendung und Verwertung der jeweiligen Produkte und Stoffe) unterstützt werden.
Regulatorische Rahmenbedingungen
Um die notwendige Wende der Kreislaufwirtschaft im Gebäude- und Baubereich einzuleiten und umzusetzen, ist darüber hinaus in vielen Bereichen ein Umdenken erforderlich. Die Potenziale des nachhaltigen und ressourcenschonenden Bauens erstrecken sich über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks. Die Reduktion von CO2 im Gebäude- und Bausektor sollte über das Bauen im Bestand, die klimagerechte Sanierung und Kreislauffähigkeit von Baustoffen erfolgen. Der Fokus sollte daher vor allem auf dem Bauen im Bestand und der Kreislauffähigkeit von Baustoffen liegen. Die Bundesingenieurkammer unterstützt deshalb den Ansatz, dringend die regulatorischen Rahmenbedingungen anzupassen. Es braucht hier die richtigen Anreize und Förderkulissen. Es bedarf hierbei unbedingt weiterer Förderbausteine und Ergänzungen zu weiteren kreislauffähigen Materialien. Sinnvoll ist es außerdem,
die Förderung auf umwelt- und nachhaltigkeitsbewusste Bauherren auszurichten.
Keine bürokratischen Anforderungen an Bauprodukte
Andererseits müssen die Bürokratieanforderungen für den Einsatz ökologischer und nachhaltiger Baustoffe aber verhältnismäßig bleiben. Vor diesem Hintergrund wird es kritisch gesehen, dass die EU-Kommission ermächtigt werden soll, verbindliche Umweltanforderungen an Bauprodukte auf EU-Ebene zu formulieren. Um einen europäischen Binnenmarkt für Bauprodukte zu realisieren, bedarf es einer vollständigen, harmonisierten europäischen Bauproduktnormung, die auf die sichere Verwendbarkeit der Bauprodukte und die Grundanforderungen an Bauwerke gemäß Anhang I zur BPVO abzielt. Dies ist derzeit nicht der Fall. Dieser Harmonisierungsprozess kann und darf nicht durch regulatorische Einzelermächtigungen der Kommission zu bestimmten Nachweisen ersetzt werden, die mit zusätzlichem bürokratischem Aufwand verbunden sind.
Förderung der Forschung
Um Anreize für die Entwicklung der erforderlichen Innovationen in Technik zu geben, sollte auch auf die Forschung des ressourcenschonenden Bauens noch mehr Augenmerk gelegt werden. Das Bauingenieurwesen in Deutschland genießt international hohes Ansehen. Dieses Potenzial muss unter anderem bei der weltweit notwendigen CO2-Reduktion im Bausektor und dem klimaangepassten Bauen stärker genutzt werden.
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