Stellungnahmen

Entwurf einer Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Immobilien

Entwurf einer Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Immobilien 150 150 Bundesingenieurkammer

(Immobilienwertermittlungsverordnung – ImmoWertV – Stand: 19.06.2020)

Die Bundesingenieurkammer begrüßt das Anliegen der Bundesregierung, eine bundesweite Grundstücksmarkttransparenz mittels einer vereinfachten steuerlichen Bewertung nach einheitlichen Grundsätzen herzustellen. Die Integration der wesentlichen Grundsätze sämtlicher bisheriger Richtlinien (Bodenrichtwertrichtlinie, Sachwert-, Vergleichswert- und Ertragswertrichtlinie) sowie der nicht abgelösten Teile der Wertermittlungsrichtlinien 2006 – in eine vollständig überarbeitete Verordnung ist dabei grundsätzlich geeignet, zu einer einheitlicheren Anwendung der Wertermittlungsgrundsätze beizutragen. Darüber hinaus trägt die Zusammenfassung der wesentlichen Grundsätze zur Wertermittlung und Bodenrichtwertermittlung in einer Verordnung zur Rechtssicherheit der anzuwendenden Bestimmungen bei. Deren Flankierung durch Muster-Anwendungshinweise der Fachkommission Städtebau der Bauministerkonferenz ist notwendig und sinnvoll um bestehende praktische Anwendungsfragen der Verordnungstatbestände zu erläutern.

Zu begrüßen ist ferner, dass die neue ImmoWertV keine grundlegenden inhaltlichen Abweichungen von der bisherigen Rechtslage zum Inhalt haben soll, auch wenn deren Inhalt und Umfang teilweise deutlich umfangreichere Regelungen wie z.B. zur Bodenrichtwertermittlung enthält. Es sollte bei der Neufassung der ImmoWertV aber die Übernahme bereits eingeführter und mit Rechtsprechung belegter Fachtermini sichergestellt werden. Daneben sollten weiterhin individuelle Einflüsse, regionale Besonderheiten des jeweiligen Grundstücksmarktes sowie ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse die für die Kaufpreisbildung relevant sind eine abweichende Beurteilung ermöglichen.

Zu einzelnen Punkten des Verordnungsentwurfes möchten wir darüber hinaus nachfolgende Hinweise geben:

Zu § 1 Abs. 2

Bei den Anwendern der ImmoWertV in der Praxis stößt der letzte Satz des § 1 Abs. 2, wonach eine Marktfähigkeit oder Marktgängigkeit des Wertermittlungsobjekts nicht erforderlich ist, auf Missverständnisse. Der Regelungsgehalt dieses Satzes ergibt sich erst aus der Verordnungsbegründung, wonach damit klargestellt werden soll, dass Gegenstand der Wertermittlung auch Wertermittlungsobjekte sein können, die nicht marktgängig oder nicht marktfähig sind.

Um dem Gebot der hinreichenden Bestimmtheit des Verordnungstextes Rechnung zu tragen wäre es sachgerecht und auch erforderlich, die Begründung zu § 1 Abs. 2 direkt in den Verordnungstext zu übernehmen.

Zu § 8 Abs. 3 Ziffer 6:

Es sollte klargestellt werden, dass neben den in Ziffer 6 genannten Bodenschätzen auch archäologische Funde im Boden erfasst werden, welche durch erforderliche Sicherungs- maßnahmen oder durch deren Verbleib auf den Grundstück erhebliche Kostenfolgen auslösen und sich damit wertbeeinflussend auswirken können.

Es wird daher vorgeschlagen, die Ziffer 6 wie folgt zu formulieren:

  1. Bodenschätzen oder archäologischen Funden im Boden

oder dies zumindest in den geplanten Ausführungshinweisen mit aufzunehmen.

Die Bundesingenieurkammer vertritt die Interessen der Ingenieurkammern der Länder, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts in ihrer überwiegenden Zahl ermächtigt sind, Sachverständige in den Bereichen des Ingenieurwesens – insbesondere auch der Wertermittlung von Immobilien – auf der Grundlage von § 36 Gewerbeordnung öffentlich zu bestellen und zu vereidigen. Mitglieder der Länderkammern sind ebenfalls die öffentlich bestellten Vermessungsingenieure (ÖbVI).

Berlin, August 2020

Referentenentwurf einer Verordnung zur HOAI-Änderungsverordnung

Referentenentwurf einer Verordnung zur HOAI-Änderungsverordnung 150 150 Bundesingenieurkammer

Der oben genannte Verordnungsentwurf beruht auf der sich noch im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Änderung des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG). Die zeitnahe Anpassung ist nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 4.7.2019 notwendig geworden.

Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des ArchLG

Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des ArchLG 150 150 Bundesingenieurkammer

Der oben genannte Gesetzentwurf schafft die notwendige Grundlage für den Erhalt der HOAI als Rechtsverordnung. Deren zeitnahe Anpassung ist nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 4.7.2019 notwendig geworden.

Begründet hat der EuGH die Europarechtswidrigkeit der verbindlichen Mindestsätze ausschließlich mit der Erwägung, dass in Deutschland Planungsleistungen auch von Dienstleistern erbracht werden dürfen, die nicht ihre fachliche Eignung nachweisen müssen (Rn. 92). Auch für die Vornahme der Leistungen, die diesen Mindestsätzen unterliegen, müssten aus Sicht des Gerichthofs „Mindestgarantien gelten, die die Qualität dieser Leistungen gewährleisten können“ (Rn. 92). Hierin liege eine sogenannte Inkohärenz.

Dieser Aspekt sollte unabhängig von der jetzt anstehenden Änderung des ArchLG und der HOAI in der nächsten Legislaturperiode weiterverfolgt werden. Aber auch im Übrigen kann die Anpassung der HOAI an das EuGH-Urteil nur ein erster Schritt sein. Eine Aktualisierung der Leistungsbilder insbesondere im Hinblick auf zunehmend digitale Planungen (BIM) ist ebenso erforderlich wie eine Überprüfung der derzeitigen, seit 2013 unveränderten Tafelwerte. Beides bedarf umfangreicher Vorbereitungen und sollte daher ebenfalls für die nächste Legislaturperiode vorgesehen werden.

Unabhängig davon nehmen wir zum vorliegenden Gesetzentwurf wie folgt Stellung:

Wir befürworten das im Regierungsentwurf vorgesehene Modell, die derzeitigen Honorartafeln zukünftig als Honorarorientierung auszugestalten. Auch im Übrigen halten wir den Entwurf für eine gute Grundlage für die durch das EuGH-Urteil notwendig gewordene Anpassung der HOAI sowie des hiermit im Zusammenhang stehenden Rechtsrahmens. Wir danken der Bundesregierung, insbesondere dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat sowie dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur für die geleistete Arbeit. Dies bezieht sich insbesondere auch auf die gegenüber dem ursprünglichen Referentenentwurf vorgenommenen Änderungen, die aus unserer Sicht zu einer erheblichen Verbesserung geführt haben. Dies gilt ungeachtet dessen, dass unsere Vorschläge, die wir weiterhin für zielführend halten, nicht vollumfänglich berücksichtigt worden sind.

Zu Artikel 1

Änderung des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen

Die Planerorganisationen hatten ursprünglich gefordert, im ArchLG eine Ermächtigungsgrundlage zu schaffen, um in der HOAI hinsichtlich des Honorars eine allgemeine Angemessenheitsregelung vorsehen zu können, wie sie in der Steuerberatervergütungsverordnung und dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz enthalten ist. Während der Verband der privaten Bauherren (VPB) dieses Anliegen nachdrücklich unterstützte, stieß es bei den Vertretern der öffentlichen Auftraggeber auf Bedenken. Auch der vorliegende Regierungsentwurf sieht eine solche Regelung nicht vor.

  • 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 ArchLG-E übernehmen jetzt aber auf die Honorartafeln der HOAI bezogene Formulierungen aus dem derzeitigen ArchLG, wonach bei der Bestimmung der Honorartafeln zur Honorarorientierung den berechtigten Interessen der Ingenieure und Architekten und der zur Zahlung Verpflichteten Rechnung zu tragen ist und diese an der Art und dem Umfang der Aufgabe sowie an der Leistung des Ingenieurs oder Architekten auszurichten sind. Laut Gesetzesbegründung betonen die beiden Sätze, dass die Honorartafeln eine Orientierung für eine angemessene Honorarhöhe bieten sollen.

Wir begrüßen diese Aussage, halten es aber für naheliegend und zweckdienlich, sie auch bereits im Gesetzestext selbst zu verorten. Wir schlagen daher vor, § 1 Abs. 1 Satz 3 ArchLG wie folgt zu fassen:

„Als Orientierung für eine angemessene Honorarhöhe sind diese an der Art und dem Umfang der Aufgabe sowie an der Leistung des Ingenieurs oder Architekten auszurichten.“

Zusätzlich entscheidend sein wird es aus unserer Sicht, diese positiven Ansätze im ArchLG-E auch in der HOAI selbst deutlich zu verankern, um es den Planern und den Auftraggebern auch in der Praxis zu ermöglichen, im Rahmen der Honorarverhandlungen hierauf Bezug zu nehmen.

Zu Artikel 4

Änderung der Vergabeverordnung

Auch die im Regierungsentwurf vorgesehenen Änderungen der Vergabeverordnung (VgV) stellen gegenüber dem Referentenentwurf eine nicht unerhebliche Verbesserung dar. Wir begrüßen es insbesondere, dass der in § 76 Abs. 1 Satz 2 VgV enthaltene Bezug zur HOAI, wenn auch modifiziert, beibehalten werden soll.

Wir würden es allerdings für zielführend halten, die Aussagekraft dieses mit dem Grundsatz des Leistungswettbewerbs (§ 76 Abs. 1 Satz 1 VgV) im Zusammenhang stehenden Satzes durch folgende Formulierung zu stärken:

„Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure ist zu berücksichtigen. “

Dadurch würde gewährleistet, dass die öffentlichen Auftraggeber unter anderem die Honorartafeln als Ausdruck einer angemessenen Honorierung in ihre Honorarkalkulation einzubeziehen haben.

Die durch den Regierungsentwurf gestärkte Bedeutung der zukünftigen Honorarorientierung würde aus unserer Sicht durch eine Regelung konsequent fortgeführt, wonach bei Unterschreiten des in der Honorarorientierung enthaltenen Basishonorarsatzes ein ungewöhnlich niedriges Angebot im Sinne des § 60 VgV vorliegt. Wir schlagen insoweit folgenden neuen § 73 Abs. 4 VgV vor:

„Liegt der Preis eines Angebots unterhalb des Basishonorarsatzes der Honorarorientierung in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, verlangt der öffentliche Auftraggeber vom Bieter Aufklärung. Im Übrigen gelten § 60 Absatz 2 bis 4.“

Stand 10.08.2020

Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung der ArchLG

Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung der ArchLG 150 150 Bundesingenieurkammer

Im Nachgang zum EuGH-Urteil vom 4.07.2019 haben das Bundeswirtschaftsministerium, das Bundesbauministerium und das Bundesverkehrsministerium den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG) vorgelegt. Das Gesetz bildet die Ermächtigungsgrundlage für die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). BIngK, BAK und AHO haben gemeinsam dazu Stellung genommen.

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes 150 150 Bundesingenieurkammer

Die Bundesingenieurkammer vertritt als Dachverband der 16 Ingenieurkammern der Länder (Körperschaften des öffentlichen Rechts) rund 45.000 Ingenieure, in denen auch die von zwölf Länderkammern sowie von anderen Körperschaften öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Mitglied sind.

Wir begrüßen die Absicht der Bundesregierung, die Vergütung der Sachverständigen seit Durchführung der letzten Marktanalyse im Jahr 2009 an die aktuell auf dem freien Markt erzielbaren Preise für entsprechende Leistungen anzupassen und mit strukturellen Änderungen des Vergütungsrechts dazu beizutragen, das Abrechnungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen.

Die Bundesingenieurkammer und die Ingenieurkammern der Länder mit Bestellungsrecht betreiben derzeit aktiv Nachwuchswerbung im Bereich der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, um der Justiz auch weiterhin qualifizierte Sachverständige in ausreichender Zahl zur Verfügung stellen zu können. In diesem Zusammenhang ist eine äquivalente marktgerechte Vergütung der Sachverständigenleistungen auch im Justizbereich ein wichtiges Signal für interessierte Bewerber, welche bisher durch das Konstrukt eines „Justizrabattes“ eher abgeschreckt wurden sich für diese anspruchsvolle Aufgabe zur Verfügung zu stellen. Die uneingeschränkte Fortschreibung der im Jahr 2018 ermittelten Vergütung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes ist dabei ein unverzichtbares Element nicht zuletzt auch zur Nachwuchsgewinnung.

Zu einzelnen Regelungen des Referentenentwurfes nehmen wir wie folgt Stellung:

  • 3 JVEG Eine Reduzierung der Vorfinanzierungspflicht wird als sinnvoll, aber auch als notwendig erachtet. Aufgrund der teilweise langwierigen Verfahrensdauer eines Rechtsstreits sehen sich Sachverständige bis zur abschließenden Rechnungsstellung in Einzelfällen oft mit außergewöhnlich langen Wartezeiten bis zur Vergütung konfrontiert auf deren Dauer sie keinen Einfluss haben.
  • 5 JVEG Die Erhöhung der Kilometerpauschale ist ein zentrales Anliegen der von uns vertretenen Sachverständigen, die aufgrund der häufigen Beurteilung von Baumängeln nicht nur die Fahrten zu den Gerichten sondern insbesondere auch zu entfernt gelegenen Baustellen zurücklegen müssen. Eine Erhöhung dieser Pauschale ist sehr zu begrüßen auch wenn deren Angemessenheit im Hinblick auf die vom ADAC empfohlenen Sätze noch nicht gegeben ist.
  • 10 JVEG In der Praxis ist vermehrt eine Anwendung der Regelung für „sachverständige Zeugen“ durch Gerichte festzustellen. Dabei wird vom sachverständigen Zeugen oft erwartet, dass er nicht nur Tatsachen mitteilt, sondern die wahrgenommenen Tatsachen auch sachverständig beurteilt, also eine originäre Sachverständigentätigkeit erbringt. Das JVEG enthält außerhalb der Regelung des § 10 Abs. 1 keine ausdrückliche Regelung für Fälle, in denen der sachverständige Zeuge bei einem Übergang zur Sachverständigentätigkeit eine Vergütung nach JVEG erhält. Zwar sind in der Rechtsprechung Entscheidungen ergangen, die in solchen Fällen eine Sachverständigenvergütung zuerkennen, dennoch wäre es wünschenswert, wenn im JVEG selbst klar geregelt würde, dass Sachverständige, die als sogenannte „sachverständige Zeugen“ gehört werden, in der Sache jedoch wie Sachverständige gutachterliche Aussagen treffen, für ihre Sachverständigentätigkeit nach den Regelungen des JVEG zu vergüten sind.
  • 12 JVEG Die Bundesingenieurkammer begrüßt strukturelle Änderungen des JVEG, die das Abrechnungsverfahren mit den Kostenbeamten der Gerichte vereinfachen und verkürzen und Streitigkeiten vermeiden. In diesem Zusammenhang unterstützen wir auch das Anliegen, die Zählung von einzelnen Leistungsteilen wie z.B. Fotos und Kopien durch Pauschalen abzudecken und nur in Einzelfällen aufgrund des besonderen Gutachtenumfanges auch eine Abrechnung nach dem tatsächlichen Aufwand zu ermöglichen.

Die jetzt vorgesehen Regelung, die Kosten für die Abrechnung von Fotos ersatzlos ohne die Möglichkeit einer pauschalen Abgeltung entfallen zu lassen, ist jedoch nicht im Interesse der von uns vertretenen Sachverständigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass anders als bei anderen Sachgebieten gerade bei Gutachten im Baubereich regelmäßig und teilweise auch aufwendig Fotodokumentationen gefertigt werden müssen, um den Gerichten die zu bewertenden Mängel zu veranschaulichen. Für im Baubereich tätige Sachverständige würde die Abgeltung dieser Leistung durch den Stundensatz im Einzelfall eine erhebliche Einbuße bedeuten, welche zu einem „Justizrabatt durch die Hintertür“ führen würde, der ausweislich der Gesetzesbegründung gerade vermieden werden soll.

Vor diesem Hintergrund schlagen wir hier eine Regelung analog zu § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 JVEG für die Abrechnung von Post- und Telekommunikationsleistungen vor, nach der die Abrechnung von Fotos durch eine Pauschale oder alternativ auch eine Abrechnung nach dem tatsächlichen Aufwand erfolgen kann.

Sonderfall: Ersatz für besondere Aufwendungen – Hilfskräfte / Fremdleistungen Hinweisen möchten wir im Rahmen von § 12 zur Abrechnung besonderer Aufwendungen nochmals auf einen Fall, der bei Sachverständigen des Bauwesens eine Regelungslücke im JVEG offenbart.

Um Schäden an Bauwerken sachverständig beurteilen zu können, sind oft gewerbliche Fremdleistungen, wie z. B. mikrobiologische Untersuchung, Bohrungen für Bodengutachten oder Asphaltanalysen, oder Hilfsgutachten, wie z. B. Baugrundgutachten, erforderlich, die von Dritten durchgeführt und vom Sachverständigen beauftragt werden müssen. Hierbei kommt es nicht selten vor, dass die Kosten für diese Leistungen, die Kosten für die eigentliche Sachverständigenleistung deutlich übersteigen. Diese Fremdleistungen können bis zu einem Drittel des Gesamtjahresumsatzes eines Sachverständigen ausmachen. Das Regressrisiko für deren Beauftragung trägt der Sachverständige. Außerdem trägt der Sachverständige hierbei das Haftungsrisiko, wenn die Erbringer einer von ihm beauftragten gewerblichen Fremdleistung bei ihrer Arbeit weitere Schäden verursachen.

Gemäß § 12 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG werden die für die Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens aufgewendeten notwendigen besonderen Kosten zwar gesondert 1:1 ersetzt. Der gerichtlich tätige Sachverständige erhält aber keinen Risikoaufschlag, der sein Regress- und Haftungsrisiko abdeckt wie es bei der Weiterbeauftragung einer Teilleistung in der Privatwirtschaft marktüblich ist.

Bei der Einschaltung von Hilfskräften sieht § 12 Absatz 2 JVEG zwar vor, dass der auf diesen entfallende Teil der Gemeinkosten durch einen Zuschlag von 15 Prozent auf den Betrag, der als notwendige Aufwendung für die Hilfskräfte zu ersetzen ist, abgegolten wird. Diese Regelung gilt allerdings nicht bei der Beauftragung gewerblicher Unternehmen wie Baufirmen oder Hilfsgutachtern, die keine Hilfskräfte des Sachverständigen im Sinne des § 12 Abs. 2 JVEG sind. Ein Risikoaufschlag ist bisher jedoch nicht vorgesehen.

Im Interesse einer Anpassung an die marktübliche Vereinbarung bei Privataufträgen und um das Haftungs- und Ausfallrisiko des Gerichtssachverständigen zu beschränken sollte hierzu eine Regelung ins JVEG aufgenommen werden. Diese sollte sicherstellen, dass dem Sach-verständigen bei der Beauftragung von Hilfsgutachtern oder einer gewerblichen Fremdleistung entweder ein Risikoaufschlag gewährt wird oder alternativ notwendige Hilfsgutachter und gewerbliche Fremdleistungen direkt vom Gericht bestellt werden.

  • 13 JVEG Die Regelung des § 13 zur Vereinbarung einer besonderen Vergütung spielt für Sachverständige in den Gebieten des Bauwesens eine große Rolle. Tatsächlich haben sich bei dessen praktischer Anwendung im Hinblick auf die Bestimmung des § 13 Abs. 2 Satz 2 JVEG aber häufig Probleme ergeben, die mitunter sogar zu einer Nichtanwendung der gesamten Vorschrift geführt haben. Vor diesem Hintergrund ist die jetzt vorgesehene Streichung von § 13 Abs. 2 Satz 2 JVEG uneingeschränkt zu begrüßen.

Anlage 1 – Sachgebiet 38.1 Bereits im Vorfeld hatten wir auf die fehlende Definition des Sachgebietes „Vermessungstechnik“ und dessen praktische Relevanz hingewiesen, die in der Praxis lediglich missverstanden wurde und zu fehlerhaften Eingruppierungen geführt hat. An unserem Vorschlag, dieses Sachgebiet ersatzlos zu streichen, halten wir nach wie vor fest und schließen uns insoweit ausdrücklich der Stellungnahme des Bund der Öffentlichen bestellten Vermessungsingenieure (BDVI) vom 17.02.2020 an.

Änderung der MBO und MBauVorlV zur Erleichterung digitaler bauaufsichtlicher Verfahren

Änderung der MBO und MBauVorlV zur Erleichterung digitaler bauaufsichtlicher Verfahren 150 150 Bundesingenieurkammer

Die Bauministerkonferenz hat in ihrer Sitzung vom 26. und 27.9.2019 beschlossen, dass die Musterbauordnung angepasst werden solle, um die Digitalisierung der bauaufsichtlichen Verfahren zu erleichtern. Die Kommunikation soll in Zukunft ausschließlich und durchgängig elektronisch erfolgen.

Die Bundesarchitektenkammer (BAK) und die Bundesingenieurkammer (BIngK) begrüßen die Maßnahmen zur Digitalisierung des bauaufsichtlichen Verfahrens im Grundsatz sehr und bietet gerne ihre Unterstützung bei der Digitalisierung des bauaufsichtlichen Verfahrens an.

Abzulehnen ist jedoch der Vorschlag, künftig auf die durchgängige bauaufsichtliche Prüfung der Bauvorlageberechtigung des Entwurfsverfassers zu verzichten: Künftig soll es ausreichen, dass der Entwurfsverfasser seine Mitgliedsnummer bei der jeweiligen Architekten- bzw. Ingenieurkammer angibt. Als Argument wird insbesondere vorgebracht, dass eine bauaufsichtliche Prüfung der Bauvorlageberechtigung zu einer „Erschwernis“ des digitalen Verfahrens führe.

Dieses Argument ist nicht zutreffend.

BAK und BIngK stellen unentgeltlich zentrale Schnittstelle zur Verfügung

Die Bundesarchitektenkammer und Bundesingenieurkammer bieten, im Auftrag der Architekten,- und Ingenieurkammern der Länder, der Bauministerkonferenz gerne an, für das digitale Baugenehmigungsverfahren eine zentrale Schnittstelle zur Verfügung zu stellen. Die Übereinstimmung der Mitgliedsnummer mit dem Berufsverzeichnis der entsprechenden Länderkammer kann damit im digitalen Baugenehmigungsverfahren durch die Bauaufsichtsbehörden unkompliziert, weil automatisiert und mithin ohne jegliche „Erschwernis“, geprüft werden. Da die entsprechenden Datensätze aufgrund der den Architekten- und Ingenieurkammern der Länder übertragenen Aufgabe, die Listen der bauvorlageberechtigten Architekten und Ingenieure zu führen, ohnehin vorhanden sind, vgl. z.B. § 14 S. 1 Nr. 3 BauKaG NRW, und der Zugriff der Bauaufsichtsbehörden auf diese Daten datenschutzrechtlich schon heute unbedenklich vorgenommen werden kann, vgl. z.B. § 24 Abs. 3 S. 1 BauKaG NRW, und regelmäßig wird, kann diese Schnittstelle sehr zügig eingerichtet werden.

Bundesverfassungsgericht: Bauvorlageberechtigung stellt Qualität und Baukultur sicher

Diesen Service bieten die Architekten- und Ingenieurkammern der Bauministerkonferenz – selbstverständlich unentgeltlich – an, weil sie, um es mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts zu sagen, überzeugt sind, dass durch die Bauvorlageberechtigung „im öffentlichen Interesse etwas bewirkt [wird], was sich durch die Bauaufsicht nicht erreichen lasse, nämlich eine allgemeine Verbesserung der baulichen Qualität im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit, rationelle Gestaltung und Funktionsfähigkeit der Gebäude, nicht zuletzt aber auch im Hinblick auf die Baukultur.“(BVerfGE 68, 272-287).

Weiter führt das BVerfG wörtlich aus: „Wenn auch die Baugenehmigungsbehörden verpflichtet sind, Bauvorlagen zurückzuweisen, die entgegen den Regeln der Baukunst, aufgrund falscher statischer Berechnungen oder unter Mißachtung baurechtlicher Vorschriften entworfen wurden, so kann der Gesetzgeber doch im Interesse erhöhter Sicherheit und auch zur Entlastung des Baugenehmigungsverfahrens verlangen, daß die erforderlichen Vorlagen bereits von Fachleuten mit entsprechender Vorbildung und Erfahrung angefertigt und verantwortet werden.“ (BVerfGE 68, 272-287)

Auf die von den Kammern unentgeltlich zur Verfügung gestellte zentrale Schnittstelle zu verzichten, hieße also – ohne Not – auf Qualität, Wirtschaftlichkeit, Rationalität, Funktionsfähigkeit, Sicherheit und nicht zuletzt Baukultur im Planungsprozess zu verzichten.

Bundesarchitektenkammer, Bundesingenieurkammer
Berlin, 16. Dezember 2019

Zur Energieeffizienzstrategie 2050 der Bundesregierung (EffSTRA)

Zur Energieeffizienzstrategie 2050 der Bundesregierung (EffSTRA) 150 150 Bundesingenieurkammer

Die Bundesingenieurkammer begrüßt die Absicht der Bundesregierung, durch eine kontinuierliche Steigerung der Energieeffizienz Energiewende und Klimastrategie wirksam und insbesondere kosteneffizient umzusetzen. Insbesondere für das ambitionierte Ziel, den Gebäudebestand bis 2050 nahezu klimaneutral zu gestalten lässt sich nur mit umfassenden, auf einander abgestimmten Maßnahmen erreichen.

Die Energieeffizienzstrategie 2050 der Bundesregierung adressiert viele wesentliche Aspekte, die für die Erreichung der Klimaschutzziele 2030 und 2050 berücksichtigt werden müssen. Das Konzept weist hierfür zu Recht auf die Notwendigkeit einer stärkeren Vernetzung und Kopplung der Sektoren hin. Die Bedeutung des Gebäudesektors, welcher für 35 % des Endenergieverbrauchs und 25 % der CO2-Emissionen verantwortlich zeichnet, wird deutlich herausgestellt. Im Weiteren wird festgestellt, dass zur Erreichung der Klimaschutzziele der CO2-Ausstoß im Gebäudesektor um 67% gegenüber 1990 reduziert werden muss. Dazu bedarf es nach dem Strategiekonzept zunächst einer deutlichen Effizienzsteigerung, also einer Minderung des Wärme- und Kältebedarfs von Gebäuden. Der verbleibende Bedarf soll weitgehend regenerativ und klimaneutral bereitgestellt werden.

Die aktuellen und künftigen gesetzlichen Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden (EnEV, sowie in Kürze GEG) sind aus Sicht der Ingenieurinnen und Ingenieure jedoch nicht geeignet, diese formulierten Ziele zu erreichen. Schärfere Anforderungen wurden bisher und werden weiterhin durch den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit verhindert. Hierauf hatten wir bereits in unserer Stellungnahme zum Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes vom 28.06.2019 hingewiesen. Durch die Beschränkung der Bewertung der Wirtschaftlichkeit auf das Verhältnis zwischen Investition und Einspareffekt und werde die Folgekosten der Klimaveränderungen nicht mit einbezogen. Dies ist ein Bewertungsfehler, dessen Folgen die Allgemeinheit tragen muss – die kommenden Generationen möglicherweise mehr als die heutigen. Diese Folgen bestehen aktuell bereits konkret in Strafzahlungen in Höhe mehrerer Hundert Millionen Euro – begründet durch die Verfehlung verbindlicher CO2-Reduktionsziele der EU.

Die Bundesregierung setzt anstelle einer Etablierung höherer gesetzlicher Standards stattdessen auf eine Ausweitung der Fördermaßnahmen.

In diesem Zusammenhang verdient die Erkenntnis Zustimmung, dass die Förderlandschaft im Gebäudesektor deutlich vereinfacht und entbürokratisiert werden muss, und dass es einer deutlichen Ausweitung von Zuschussförderungen (losgelöst vom Zwang einer Kreditaufnahme) kommen muss.

Ob mit den avisierten Förderanreizen der Zielpfad gehalten wird, bleibt indes fraglich. Eine nachvollziehbare Prognose hierzu wurde bisher nicht vorgelegt.

In etlichen Studien der Vergangenheit, auch den im Auftrag der zuständigen Bundesministerien erstellten, wird aufgezeigt, dass es zur Erreichung eines im Jahre 2050 weitgehend klimaneutralen Gebäudebestands zu einem massiven und raschen Umbau des Gebäudebestands in Richtung des „KfW 40 – Standards“ und besser kommen muss. Dieser rasche Umbau ist aktuell nicht erkennbar.

Die von vielen Seiten kritisierte und für nicht ausreichend erachtete CO2-Bepreisung ist vorerst nicht geeignet, eine spürbare Lenkungswirkung zu entfalten. Auch wird die Deckelung auf viel zu geringem Niveau festgelegt (65 €/to CO2).

Solange Anreize zu zielführenden (nämlich energetisch ambitionierten) Investitionen zu zögerlich ausfallen, werden keine zielführenden Investitionen getätigt, was Lock-In-Effekte zur Folge hat. Denn kaum ein Entscheider wird beispielsweise ein 2-fach verglastes Fenster vor Ablauf einer sehr langen Nutzungsdauer durch ein 3-fach verglastes ersetzen.

Bei der in Ziffer 1 Absatz 4 (S. 18) vorgesehene „effizient betriebenen Sektorkopplung“ wird die Möglichkeit des effizienten Einsatzes von elektrischen Wärmepumpen kritisch gesehen. Grundsätzlich ist zu hinterfragen, wieviel Strom aus erneuerbaren Energien im Winter bei erhöhtem Strombedarf erzeugt werden kann. Untersuchungen zeigen hier lediglich einen realen Anstieg des Primärenergiefaktors von 1,8 auf 2,0 wenn ein großer Teil des Wärmebedarfs mit Wärmepumpen gedeckt werden soll.

Im Übrigen ließe sich bei der energetischen Inspektion von Klima- und Lüftungsanlagen, von denen derzeit lediglich maximal 4 % oder 5 % aller Anlagen in Deutschland geprüft werden durch eine regelmäßige Inspektion ein erhebliches Energieeinsparpotential realisieren. Insoweit ebenso wie zu den Qualifikationsanforderungen an die Ausstellung von Energieausweisen wird nochmals explizit auf die Stellungnahme zum Gebäudeenergiegesetz vom 28.09.2017 verwiesen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Energieeffizienzstrategie 2050 der Bundesregierung im Gebäudesektor zwar alle wesentlichen Aspekte aufgreift, diese aber zu zaghaft verfolgt.

Bundesingenieurkammer
Berlin, November 2019

Zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/958

Zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/958 150 150 Bundesingenieurkammer

Die Bundesingenieurkammer vertritt die sechzehn Ingenieurkammern der Länder als Körperschaften des öffentlichen Rechts, von denen zwölf Kammern auf der Grundlage von § 36 Gewerbeordnung zur öffentlichen Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen ermächtigt sind. Diese sind von der geplanten Gesetzesänderung in Artikel 6 (Änderung der Gewerbeordnung) unmittelbar betroffen.

Die Bundesingenieurkammer und die Ingenieurkammern der Länder begrüßen die dem vorliegenden Referentenentwurf zugrundeliegende grundsätzliche Absicht der Bundesregierung, europarechtliche Vorgaben zur Vermeidung überbordender Bürokratie im 1:1-Maßstab umzusetzen.

Mit Blick auf die Umsetzung der EU-Verhältnismäßigkeitsrichtlinie jedoch, ist die beabsichtige Änderung der Gewerbeordnung bereits nach den Maßstäben des nationalen Grundgesetzes hierfür ungeeignet. Es besteht für die beabsichtigte Änderung kein Umsetzungserfordernis, da der Anwendungsbereich nicht eröffnet ist!

Dies kann exemplarisch anhand der gesetzlichen Regelung des Landes Nordrhein-Westfalen aufgezeigt werden:

Nach § 36 Absatz 1 Gewerbeordnung (GewO) werden Personen als Sachverständige für bestimmte Sachgebiet öffentlich bestellt und vereidigt. Sie werden nach § 404 Absatz 3 der Zivilprozessordnung vorrangig für die Erstellung von Gutachten in gerichtlichen Verfahren durch das Gericht bestellt. Gemäß § 36 Absatz 4 GewO i.V.m. § 39 Absatz 1 Nummer 8 Baukammerngesetz NRW hat die Ingenieurkammer-Bau NRW die Aufgabe, Sachverständige öffentlich zu bestellen und zu vereidigen, das Sachverständigenwesen zu fördern und auf Anforderung von Behörden und Gerichten sowie Dritter Sachverständige namhaft zu machen. Hierzu kann die Ingenieurkammer-Bau NRW durch Satzung die in § 36 Absatz 3 GewO genannten Vorschriften erlassen. Von dieser Ermächtigung hat die Ingenieurkammer-Bau NRW in der Sachverständigenordnung (SVO IK-Bau NRW) vom 09.11.2010 Gebrauch gemacht. Auf Grundlage dieser Satzung werden durch die Ingenieurkammer-Bau regelmäßig Sachverständige öffentlich bestellt und vereidigt.

Unter „B. Lösung“ auf Seite 1f. heißt es in dem Gesetzesentwurf:

„Im Hinblick auf die Tatsache, dass bereits jetzt Berufsreglementierungen nach geltendem Verfassungsrecht und Europarecht den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit genügen müssen, soll die Richtlinie (EU) 2018/958 so umgesetzt werden, dass den europarechtlichen Anforderungen an die Umsetzung der Richtlinie genüge getan, hierüber aber auch nicht hinausgegangen wird (1:1-Umsetzung).“

Weiter heißt es in der Begründung unter „A. Allgemeiner Teil – I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen“ auf Seite 9 des Entwurfes:

„Die Richtlinie (EU) 2018/958 gilt für die unter die Richtlinie 2005/36/EG fallenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die die Aufnahme oder Ausübung eines Berufs oder einer bestimmten Art seiner Ausübung beschränken, einschließlich des Führens einer Berufsbezeichnung und der im Rahmen dieser Berufsbezeichnung erlaubten beruflichen Tätigkeiten.“

Zusammenfassend soll der der Gesetzentwurf der 1:1- Umsetzung der Verhältnismäßigkeits-richtlinie 2018/958 und gilt (entsprechend deren Anwendungsbereich) für Rechts- und Verwaltungsvorschriften aus dem Anwendungsbereich der Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG dienen.

Jedoch geht der Gesetzentwurf mit der in Artikel 6 beabsichtigten Änderung der Gewerbeordnung über dieses Ziel hinaus. Die beabsichtigte Installation einer Verhältnismäßigkeitsprüfung liegt außerhalb der europarechtlichen Anforderungen an die Umsetzung der Richtlinie. Die §§ 36 und 36a GewO liegen nicht im Anwendungsbereich der Berufsanerkennungsrichtlinie, sondern allein im Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG. Soweit sich aus der derzeitigen Gesetzesbegründung zu den §§ 36 bzw. 36a GewO die Absicht ergibt, sowohl die Dienstleistungs- als auch die Berufsanerkennungsrichtlinie umzusetzen, steht dies im Widerspruch zu der rechtlichen Systematik beider Richtlinien. Nach Artikel 3 Absatz 1 der Dienstleistungsrichtlinie gilt die Dienstleistungsrichtlinie im Verhältnis zum Berufsanerkennungsrichtlinie subsidiär. Dabei findet die Berufsanerkennungsrichtlinie auf die öffentliche Bestellung und Anerkennung von Sachverständigen keine Anwendung, weil diese den Zugang zu bestimmten (reglementierten) Berufen allein von qualifikationsbasierten Merkmalen wie Ausbildungsnachweisen oder Berufserfahrung abhängig macht (vgl. Artikel 3 Absatz 1 Berufsanerkennungsrichtlinie). Die öffentliche Bestellung hingegen erfordert zusätzlich weitergehende Anforderungen, die unabhängig von der durch Qualifikationen zu belegenden Sachkunde erfüllt werden müssen. Konkret sind dies die Erfordernisse von Unparteilichkeit, Gewissenhaftigkeit und Zuverlässigkeit, die in der Person selbst liegen, nicht jedoch aus dessen beruflicher Qualifikation abgeleitet werden. Sofern also der Gesetzgeber die Dienstleistungsrichtlinie (zutreffend) für anwendbar hält, schließt dies eine gleichzeitige Umsetzung der Berufsanerkennungsrichtlinie aus. In der Folge besteht mangels Anwendungsbereichs der Berufsanerkennungsrichtlinie kein Regelungsbedürfnis für die Umsetzung der an die Berufsanerkennungsrichtlinie gekoppelte Verhältnismäßigkeitsrichtlinie. Es wird gebeten, dies zu prüfen und zur Vermeidung von Überregulierung auf eine Änderung des § 36 GewO zu verzichten.

Darüber hinaus würde ein Festhalten an dem Referentenentwurf – im Widerspruch zum Verhältnis der genannten Richtlinien und in nicht beabsichtigter Übererfüllung der Umsetzungsverpflichtung – die Gefahr einer veränderten Rechtsprechungspraxis zu Lasten der betroffenen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen bergen. Die Ursache hierfür liegt in einer fehlerhaften Begründung im Referentenentwurf zu Artikel 6 auf Seite 21. Dort heißt es:

„Die Anwendbarkeit der Richtlinie (EU) 2018/958 auf Berufszugangs- und -ausübungsregeln für öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige ergibt sich aus Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie. Danach gilt die Richtlinie (EU) 2018/958 für die unter die Richtlinie 2005/36/EG fallenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die die Aufnahme oder Ausübung eines reglementierten Berufs oder einer bestimmten Art seiner Ausübung beschränken. Dazu gehören die Vorschriften einer Satzung über die Voraussetzungen für die Bestellung sowie über die Befugnisse und Verpflichtungen der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit, die die Körperschaften des öffentlichen Rechts, die für die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen zuständig sind, durch Satzung nach § 36 Absatz 4 GewO erlassen können.“

Die Begründung kann in diesem Zusammenhang so verstanden werden, dass aus Sicht des Gesetzgebers die zu erlassenden Satzungen im Schrankengefüge des Artikels 12 Grundgesetz sowohl Berufsausübungs- als auch Berufswahlregelungen enthalten. Bekanntermaßen sind die Rechtfertigungshürden für Berufswahlregelungen ungleich höher, wobei es sich vorliegend schon nicht um Regelungen handelt, welche den Zugang zu einem bestimmten Beruf reglementieren.

Die Tätigkeit als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger wird nicht als eigenes Berufsbild eingeordnet. Der Beruf des Sachverständigen steht jedermann offen. Die Rechtsnatur der öffentlichen Bestellung führt dazu, dass eine zuvor schon ausgeübte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit öffentlich-rechtlich besonders herausgestellt wird, indem der einzelne Sachverständige hinsichtlich seiner Eignung und Sachkunde überprüft und sodann einem besonderen Pflichtenkatalog mit behördlicher Überwachung unterworfen wird. Es handelt sich nicht um eine Berufszulassung oder um eine Einschränkung der Berufswahl, sondern um die öffentlich-rechtliche Zuerkennung einer besonderen beruflichen Qualifikation, die den betreffenden Sachverständigen aus dem Kreis der übrigen Sachverständigen heraushebt und seinen Gutachten einen hohen Grad von Glaubwürdigkeit verleiht (vgl. hierzu auch BVerwG NVwZ 1991, 268, GewO § 36a Rn. 5, BeckOK GewO/Rickert, 47. Ed. 1.7.2018). Die öffentliche Bestellung ist daher als Maßnahme zur Qualitätssicherung von Sachverständigenleistungen anzusehen, wie sie auch in Art. 26 Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt von den Mitgliedstaaten erwartet wird. Das Bundesverfassungsgericht sieht in der öffentlichen Bestellung von Sachverständigen keine subjektive Berufszulassungsschranke, sondern ordnet sie lediglich als eine Regelung der Berufsausübung ein. Ausdrücklich spricht das Gericht davon, dass öffentlich vereidigte Sachverständige keinen eigenständigen Beruf ausüben. Mit der öffentlichen Bestellung und Vereidigung eines Sachverständigen ändere sich das Bild seiner beruflichen Tätigkeit nicht (vgl. BVerfGE 86, 28 [38] NJW 1992, 2621). Der Zugang zur Betätigung als Sachverständiger ist dem freien Sachverständigen auch auf den Gebieten, für die Sachverständige öffentlich bestellt werden, nicht verwehrt. Auch den Gerichten, die zum Zwecke der Beweisaufnahme bevorzugt auf öffentliche Sachverständige zurückgreifen sollen (§ 404 Abs. 2 ZPO, § 73 Abs. 2 StPO, § 98 VwGO), ist es durch diese Vorschriften nicht verwehrt, freie Sachverständige mit der Erstattung von Gutachten zu beauftragen.

Mit dem Gesetzentwurf ist ausweislich der Begründung eine Umsetzung der zugrunde-liegenden Richtlinie beabsichtigt. Keine Absicht besteht hingegen, im Widerspruch zu den bisherigen Leitlinien in der höchstrichterlichen Rechtsprechung Berufsausübungsregelungen in Berufswahlregelungen umzudefinieren. Vor diesem Hintergrund regen wir dringend an, dies in der Begründung zu Artikel 6 klarzustellen.

Eine entsprechende Begründung wäre abweichend vom bisherigen Referentenentwurf allenfalls wie folgt zu fassen:

„Die Anwendbarkeit der Richtlinie (EU) 2018/958 auf Berufszugangs- und -ausübungsregeln für öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige ergibt sich aus Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie. Danach gilt die Richtlinie (EU) 2018/958 für die unter die Richtlinie 2005/36/EG fallenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die die Aufnahme oder Ausübung eines reglementierten Berufs oder einer bestimmten Art seiner Ausübung beschränken. Zu derartigen Regelungen über eine bestimmte Art der Ausübung eines reglementierten Berufes gehören die Vorschriften einer Satzung über die Voraussetzungen für die Bestellung sowie über die Befugnisse und Verpflichtungen der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit, die die Körperschaften des öffentlichen Rechts, die für die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen zuständig sind, durch Satzung nach § 36 Absatz 4 GewO erlassen können.“

Bundesingenieurkammer
Berlin, November 2019

Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Planungsbeschleunigungsgesetzes

Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Planungsbeschleunigungsgesetzes 150 150 Bundesingenieurkammer

Aus berufspolitischer Sicht der planenden Ingenieurinnen und Ingenieure ist die angestrebte Planungsbeschleunigung im Infrastrukturbereich grundsätzlich zu begrüßen. Ob die Wiedereinführung der Präklusion aufgrund der gegenläufigen Pendelbewegung in der Rechtssache „protect“ mit Unionsrecht vereinbar ist, bleibt unbeschadet des Rechtsgutachtens von Herrn Prof. Durner einer zu erwartenden Klärung durch den EuGH vorbehalten.

Zweckmäßig erscheinen unabhängig davon jedoch Ergänzungen im Zusammenhang mit den Betretungsrechten, welche nach Artikel 1 in § 22b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes und nach Artikel 2 in § 31 des Bundesfernstraßengesetzes eingeführt werden sollen. Hinsichtlich Absatz 1 wird dort allein das Betretungsrecht für Grundstücke geregelt, nicht jedoch für die darauf belegenen Häuser bzw. Wohnungen. Im Vergleich ist in § 16a Absatz 1 Satz 2 FStrG auch klarstellend geregelt, dass Wohnungen nur mit Zustimmung des Wohnungsinhabers betreten werden dürfen. Sowohl aus rechtssystematischen Gründen wie auch zur Gewährleistung der Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht sollte diese Regelung parallel eingepflegt werden. Darüber hinaus sieht der jeweilige Absatz 2 einen Anspruch auf Schadensersatz für Schäden durch das Betreten der Grundstücke vor. Erfahrungsgemäß sind trassenbezogene Infrastrukturmaßnahmen für die betroffenen Anlieger ein erheblich emotionsaufgeladenes Thema, was zu Forderungen nach Ersatzpflichten bereits minimalinvasivster Beeinträchtigungen führen kann.

Aufgrund der gleich gelagerten Interessenlage scheint eine Übernahme des Satz 2 sinnvoll. Zusammenfassend könnte die beabsichtigte Regelung wie folgt gefasst werden:

(1) Soweit es zur Instandhaltung oder Erneuerung einer Eisenbahnanlage erforderlich ist, haben Dritte, insbesondere die Anlieger und die Hinterlieger, nach vorheriger Ankündigung zu dulden, dass Beauftragte des Eisenbahninfrastrukturbetreibers die Grundstücke betreten oder vorübergehend benutzen. Wohnungen dürfen nur mit Zustimmung des Wohnungsinhabers betreten werden.

(2) Entstehen durch Handlungen nach Absatz 1 Schäden, hat der Geschädigte Anspruch auf Schadensersatz. Geringfügige Nachteile bleiben außer Betracht.

Gesetz zur Vorbereitung der Schaffung von Baurecht im Verkehrsbereich

Gesetz zur Vorbereitung der Schaffung von Baurecht im Verkehrsbereich 150 150 Bundesingenieurkammer

Das Ansinnen des Gesetzentwurfes, zur Herstellung einer größeren Akzeptanz von Infrastrukturprojekten und insbesondere zu einer Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren beizutragen wird ausdrücklich unterstützt. Pilotprojekte können hierzu ein geeignetes Mittel sein, um Erfahrungen in diesem Bereich zu sammeln, die in die zukünftigen gesetzlichen Regelungen ergänzend aufgenommen werden können.

Festzuhalten ist, dass die europarechtlichen und verfassungsrechtlichen Aspekte eines solchen Vorhabens derzeit noch nicht abschließend geklärt sind.

Problematisch könnte dabei insbesondere sein, dass der Gesetzgeber nach dem Referentenentwurf z.B. von Regelungen wie z.B. dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) abweichen könnte, welche in Umsetzung europarechtlicher Vorgaben geschaffen wurden. Die europarechtliche Zulässigkeit einer solchen Regelung erscheint insoweit fraglich.

Daneben können auch die in dem Gutachten von Prof. Ziekow dargelegten Aussagen zur Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Regelung letztlich erst durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts tatsächlich festgestellt werden.

Zu den Regelungen im Einzelnen:

Zu § 5:

Zur Erreichung der gesetzlich angestrebten Ziele ist eine fachliche Begleitung des Prozesses nicht nur durch behördeninterne Fachleute erforderlich. Aus unserer Sicht sollte der Träger des Vorhabens in einer möglichst frühen Phase der Planung der Projekte oder von Teilen der Projekte vor der Beteiligung der Öffentlichkeit insbesondere eine frühzeitige Beteiligung der erforderlichen Fachplaner der verschiedenen Fachrichtungen sicherstellen. Die Herstellung einer zur Bewertung des Vorhabens ausreichend detaillierten Planungstiefe ist insbesondere vor dem Hintergrund der mit dem planfeststellenden Gesetz verbundenen Minderung des gerichtlichen Rechtsschutzes geboten.

Zu § 7 Absatz 1

In dieser Vorschrift kann die Figur eines Projektmanagers eine grundsätzlich sinnvolle Ergänzung sein, um widerstreitende Interessen in Einklang zu bringen, könnte dies auch hier sinnvoll vorgesehen werden. Die Regelung ist vergleichbar auch in § 17h Planungsbeschleunigungsgesetz enthalten und lautet:

„Die Anhörungsbehörde kann einen Dritten mit der Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten, insbesondere […] auf Vorschlag oder mit Zustimmung des Vorhabenträgers beauftragen. …“

Zu § 8 Absatz 2

Hier ist vorgesehen, dass soweit Belange der Landeskultur oder Wasserwirtschaft berührt sind, der Abschlussbericht dem Einvernehmen der zuständigen Behörde bedarf, über deren Erteilung innerhalb von drei Monaten zu entscheiden ist. Das Gesetz soll der Verfahrensbeschleunigung dienen. Hier wäre es sinnvoll, eine Erteilungsfiktion vorzusehen, welche auch in den Landesbauordnungen zur Bauvorlageberechtigung (z.B. § 67 Absatz 4 BauO NRW 2018) vorgesehen ist. Satz 2 wäre dann sinngemäß wie folgt zu fassen:

„Das Einvernehmen gilt als erteilt, sofern die zuständige Behörde nicht innerhalb von drei Monaten nach Übermittlung des Entwurfs des Abschlussberichts darüber entschieden hat.“

    * = Diese Angaben benötigen wir, um Ihre Anfrage bearbeiten zu können.

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