Der vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegte Entwurf zur Änderung des Vergaberechts wird zu einer erheblichen Zunahme europaweiter Ausschreibungen für Planungsleistungen von Bauprojekten führen: Mit der Folge, dass die dringend benötigte Dynamik der Planung und Abwicklung von Bauprojekten noch stärker ins Stocken gerät. Schon heute werden öffentliche Hand und die teilnehmenden Unternehmen durch die Formalien und den Aufwand bei europaweiten Vergabeverfahren unverhältnismäßig belastet. Dies wird sich durch die geplante Streichung des § 3 Abs. 7 Satz 2 der Vergaberechtsverordnung (VgV) zur Auftragswertberechnung von Planungsleistungen weiter fortsetzen. Aktuell geplante Bauvorhaben müssen auf die europarechtlichen Anforderungen angepasst werden. Dies wird zu weiteren Verzögerungen führen.
Auch der Wettbewerb wird durch die geplante Änderung eingeschränkt werden. Für viele Mitgliedsbüros der Ingenieurkammern ist dies bereits heute Grund, an öffentlichen Vergabeverfahren nur noch zurückhaltend teilzunehmen. Der Rückzug der Ingenieurbüros von der öffentlichen Auftragsvergabe wird sich dadurch weiter verstärken. Dies hat weitreichende Konsequenzen für die Städte und Kommunen durch den ausbleibenden Wettbewerb. Appelle der planenden Berufe, sich an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu wenden und über diese Streitfrage Rechtssicherheit zu erlangen, blieben vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) jedoch ungehört. Dies stößt auf Unverständnis, da es gerade bei Planungsleistungen offenkundig keinen europäischen Anbietermarkt gibt. In einer gemeinsamen Stellungnahme wenden sich die Verbände heute erneut an die Bundesregierung, die Voraussetzung für die europaweite Ausschreibung nicht abzusenken.
Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer: „Durch das Nichthandeln geht ein gesunder und gut funktionierender Markt an Planungsleistungen für Städte und Kommunen unwiederbringlich verloren. Das deutsche Planungswesen wird von kleinen und mittleren Strukturen in der Region getragen. Ein flächendeckendes Planungswesen ist eine wichtige Säule für das beschleunigte Bauen und die Bau-, Energie- und Klimawende. Umso unverständlicher ist diese bewusste Inkaufnahme der strukturellen Verwerfungen durch den Gesetzgeber. Wir appellieren, schnellstmöglich mit allen geeigneten Maßnahmen gegenzusteuern, um einen Baustopp in vielen Bereichen zu vermeiden.“
Die gemeinsame Stellungnahme kann hier eingesehen werden.
Unterzeichnende Kammern und Verbände:
Bundesarchitektenkammer, Bundesingenieurkammer, Bund Deutscher Architektinnen und Architekten, Bund Deutscher Baumeister, Bund Deutscher Innenarchitekten, Bund Deutscher Landschaftsarchitekten, Bundesverband Freier Berufe, Bundesverband der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure, Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik, DAI Verband Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine, Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung, Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung, Förderverein der Bundesstiftung Baukultur, Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung, Vereinigung Freischaffender Architekten Deutschlands, Verband Beratender Ingenieure, Verband Deutscher Vermessungsingenieure