Aktuell verzeichnet bereits eine Mehrheit der Ingenieurbüros (75%) negative Auswirkungen der Corona-Epidemie. Das ergab eine aktuelle Umfrage von Bundesingenieurkammer und Bundesarchitektenkammer. Ab dem 2. Halbjahr 2020 rechnen die mehr als 9.000 befragten Planerinnen und Planer jedoch mit einer weiteren deutlichen Verschlechterung der Lage und mit finanziellen Einbußen.
„Noch schaffen es glücklicherweise viele Ingenieurbüros die Folgen der Corona-Krise abzufangen. Allerdings ist jetzt schon abzusehen, dass die Probleme im Planungswesen z.B. durch nachgelagerte Rechnungslegung erst verzögert auftreten. Daher ist es wichtig, heute schon die Auswirkungen in der Zukunft im Blick zu haben. Denn Planungskapazitäten, die jetzt wegbrechen, haben Auswirkungen auf wichtige und dringend benötigte Infrastruktur- und Hochbauprojekte von morgen“, sagte Hans-Ullrich Kammeyer, Präsident der Bundesingenieurkammer.
Während sich kleine Büros tendenziell häufiger mit akuten Liquiditätsproblemen konfrontiert sehen, geben mittelgroße und größere Büros häufiger an, nicht mehr ausgelastet zu sein. Die meistgenannten Folgen der Coronakrise sind abgesagte oder zurückgestellte Aufträge (46%), Verzögerungen im Genehmigungsprozess durch eine unterbesetzte öffentliche Verwaltung (33%) sowie Verzögerungen auf der Baustelle durch längere Lieferzeiten (25%), Personalengpässe der ausführenden Unternehmen (25%) oder die Umsetzung von Hygienevorschriften auf der Baustelle (20%).
Aus Sicht von Bundesingenieurkammer und Bundesarchitektenkammer sind folgende Maßnahmen für die Zukunft der planenden Berufe von großer Bedeutung:
- Anpassung der Hilfspakete für die planenden Berufe sowie eine Verlängerung von Förderungen, Zuschussprogrammen und Entlastungen bei den Steuervorauszahlungen über die kommenden Monate hinaus
- großzügige Bewilligung von Steuerstundungen und Absenkungen der Vorauszahlungen durch die Finanzbehörden über das 2. Quartal 2020 hinaus
- Unterstützung der kommunalen Bauverwaltungen, um deren Funktionsfähigkeit zu sichern, damit vor allem Genehmigungsverfahren weiterbearbeitet werden können
- Abfederung coronabedingter Finanzierungsprobleme privater Bauherren, damit sich Bauprojekte nicht verzögern oder verhindert werden
- vorübergehende Vereinfachung von Vergabeverfahren
- Umsetzung geeigneter digitaler Abstimmungsformate für Wettbewerbs- und Partizipationsverfahren
- eine konsequentere Ausrichtung der Sicherheits- und Hygienebestimmungen auf die Betriebsfähigkeit von Baustellen
„Ingenieurinnen und Ingenieure sind als Mittelständler das Herz und die tragende Säule unserer Wirtschaft. Diese Maßnahmen können dazu beitragen, dass das auch so bleibt und der Bau von Wohnhäusern, Schulen, Straßen oder energetische Sanierungen auch nach der Coronakrise nicht ins Stocken geraten“, erklärte der Präsident der Bundesingenieurkammer.
Die Online-Umfrage fand vom 6. bis 14. April 2020 statt und wurde gemeinsam von Bundesingenieurkammer und Bundesarchitektenkammer bei dem Marktforschungsunternehmen Hommerich & Reiß in Auftrag gegeben. In die Datenanalyse flossen insgesamt Angaben von 9.226 Befragten ein. Eingeladen waren alle selbstständig tätigen Mitglieder der Architekten- und Ingenieurkammern der Länder. Die Umfrage soll in regelmäßigen Abständen wiederholt werden, um die Politik mit ausreichend validem Datenmaterial zu unterstützen.
Die Bundesingenieurkammer (BIngK) vertritt die gemeinschaftlichen Interessen der 16 Länderingenieurkammern. Seit mehr als 30 Jahren setzt sie sich bundesweit und auf europäischer Ebene für die Belange von rund 45.000 Ingenieurinnen und Ingenieuren ein.