Durch den fortschreitenden Klimawandel rücken Extremwetterereignisse verstärkt ins Bewusstsein der Bevölkerung. Viele Menschen spüren die Folgen immer unmittelbarer. Seit Jahresbeginn waren beispielsweise Norddeutschland, das Saarland und nun Bayern und Baden-Württemberg von Starkregen und Hochwasser betroffen.
Schlammlawinen bedecken Bahnstrecken, Straßen werden unbefahrbar, Keller überflutet, Menschen verlieren ihr Zuhause: Gegen Hochwasserereignisse gibt es keinen vollumfänglichen Schutz für den Menschen und die gebaute Umwelt. Doch die negativen Folgen eines Hochwassers könnten begrenzt werden. Wie wir unsere Städte und Kommunen planen und bauen, bestimmt maßgeblich den Schadensumfang im Katastrophenfall. Hier bedarf es einer vorausschauenden Planung. Ingenieurinnen und Ingenieure sollten mit ihrer Expertise zur Schadensbegrenzung eingebunden werden.
„Drei Jahre nach der Katastrophe im Ahrtal scheinen viele der guten Vorsätze von damals für eine geänderte Siedlungsentwicklung bereits wieder vergessen zu sein. Dabei werden wir künftig wohl viel häufiger mit Hochwasser konfrontiert sein. Die Folgen können wir nur dann abmildern, wenn wir endlich anders planen und bauen. Wir müssen der Realität ins Auge blicken: Manche Ortschaften, die früher kein Hochwassergebiet waren, sind es nun. Will man diese Siedlungen nicht aufgeben, müssen nicht nur die Häuser, sondern vor allem die komplette Siedlung baulich verändert werden. Das Schwammstadtprinzip ist hier einer der wichtigsten Wege.“
Prof. Dr.-Ing. Norbert Gebbeken, Experte für Katastrophenschutz und baulichen Objektschutz und Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau
Vor diesem Hintergrund bekräftigen die Ingenieurkammern zentrale Handlungsempfehlungen, damit sich unsere Gesellschaft besser auf die zunehmenden Extremwetterereignisse vorbereiten kann:
Hochwasserschutz gehört als Vorsorgemaßnahme in die Bauleitplanung. Einflüsse des Klimawandels müssen bei der Ausweisung von Baugebieten und ausreichenden Retentionsflächen berücksichtigt werden. Eine Überprüfung bestehender Bebauungspläne ist erforderlich.
Strukturen aufbauen: Hochwasserschutz muss systematisch und interdisziplinär gedacht werden. Dafür braucht es Fachwissen aus vielen Bereichen. Expertinnen und Experten sowie gesellschaftlich relevante Gruppen müssen an einen Tisch geholt werden. Zuständige Ministerien für Bau, Umwelt und Landwirtschaft müssen enger zusammenarbeiten und Hochwasserschutz als gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen begreifen.
Das „AWA-Prinzip“ – Ausweichen, Widerstehen, Anpassen – für mehr Hochwasserschutz von Gebäuden:
Ausweichen, indem in wassersensiblen Gebieten gar nicht erst gebaut oder zumindest auf einen Keller verzichtet wird. Ist ein Ausweichen nicht möglich, kann man den Widerstand gegen Hochwasser erhöhen wie zum Beispiel Keller und tieferliegende Hausöffnungen druckdicht verschließbar planen. Zudem besteht die Möglichkeit Treppeneingänge höher zu legen. Die Strategie des Anpassens trägt zur Schadensminimierung bei. So kann beispielsweise auf Tanks im Keller verzichtet werden oder alle elektrischen Leitungen werden in höherliegende Geschosse verlegt.
Als erste Maßnahme sollte man sich über seien Wohnort informieren. Hochwassergefahrenkarten bieten dabei einen guten Anhaltspunkt, um Standortrisiken zu erkennen. Diese Gefahrenkarten sind kostenfrei im Internet auffindbar.
Foto © Till Bude