Planerinnen und Planer erwarten Corona bedingt einen Auftragsrückgang für 2021. Das zeigen die aktuellen Ergebnisse der gemeinsamen Umfrage von Bundesarchitektenkammer (BAK) und Bundesingenieurkammer (BIngK) unter 4.600 selbstständigen Kammermitgliedern zu den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie.
41% der Architektur- und Ingenieurbüros rechnen für 2021 mit Umsatzrückgängen. Jedes 5. Büro gibt bereits jetzt massive Probleme bis hin zu drohenden Liquiditätsproblemen an. 46% der Büroinhaber erhalten neue Aufträge, aber in geringerem Maße als üblich. 5% können zurzeit keine neuen Aufträge akquirieren.
Als erfreuliches Zeichen wertete der Präsident der Bundesingenieurkammer, Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, dass sich die Situation der Planungsbüros noch nicht weiter verschlechtert habe. Beunruhigend sei jedoch, dass inzwischen mehr als die Hälfte der Büros nicht mehr im gleichen Ausmaß neue Aufträge akquirieren könne wie noch vor der Krise – insbesondere Büros mit gewerblichen, aber auch öffentlichen Auftraggebern. Daher appelliere die Bundesingenieurkammer vor allem an die Öffentliche Hand, dafür zu sorgen, dass weiterhin Aufträge vergeben werden. Darüber hinaus haben die Ergebnisse der Umfrage gezeigt, dass die finanziellen Hilfen von Bund und Ländern laufend auf Zielgenauigkeit überprüft und an die konkreten Bedarfe der jeweiligen Berufsstände angepasst werden müssen. Förderung müsse auch gezielt Solo-Selbstständige erreichen sowie für diejenigen bereitstehen, die erst zu einem späteren Zeitpunkt von den Auswirkungen der Krise betroffen sind.
Hintergrund der Befragung
Im November 2020 haben Bundesingenieurkammer und Bundesarchitektenkammer zum dritten Mal in diesem Jahr ihre selbstständig tätigen Kammermitglieder zu den bisherigen und absehbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie und dem daraus folgende Förder- und Beratungsbedarf befragt. Nachdem die Büroinhaber im April 2020 zunächst mit großer Sorge in die nähere und mittelfristige Zukunft blickten, erholte sich die wirtschaftliche Situation über den Sommer leicht. Gaben im April noch 79% der Architektur- und Ingenieurbüros an, Auswirkungen der Corona-Pandemie zu spüren, waren es im Juni noch 61%. Im November geht dieser Anteil nochmals zurück auf 58%.
Negative wirtschaftliche Auswirkung aktuell leicht rückläufig – aber nicht für
Negative wirtschaftliche Folgen für das eigene Büro stellten im April 55% und im Juni 41% der Befragten fest. Dieser Anteil fällt im November mit 34% noch einmal geringer aus. Häufigste Nennung sind Umsatzrückgänge, akute oder drohende Liquiditätsprobleme und unterausgelastete Mitarbeiter. Auch wenn der Anteil seit April zurückgegangen ist, so sind aktuell immer noch 18% der Büroinhaber auf finanzielle Hilfen angewiesen. Wie bei vielen Freiberuflern hinterlässt die Corona-Krise aber auch bei Architektur- und Ingenieurbüros tiefe Spuren. Teilweise bereits in Notlage befinden sich besonders Innenarchitektinnen und Innenarchitekten, Solo-Selbstständige, im Ausland aktive Planerinnen und Planer sowie diejenigen, die für gewerbliche Auftraggeber tätig sind. 44% der Befragten können derzeit neue Aufträge nur in geringerem Maße als üblich abschließen. Zusätzliche 9% aller Büroinhaber und sogar 15% der Soloselbstständigen können zurzeit überhaupt keine neuen Aufträge akquirieren (Juni: 16%). Mit einem Rückgang der Auftragslage in den kommenden 12 Monaten rechnet mit 41% immerhin knapp die Hälfte der Büroinhaber, wobei das Segment der gewerblichen Auftraggeber im Gegensatz zu den privaten Auftraggebern das größte Sorgenkind ist. Bei 4% der Büros und 7% der Soloselbstständigen wird es um das wirtschaftliche Überleben gehen. Sie gehen davon aus, die eigene Selbstständigkeit aufgrund der Corona-Pandemie in den nächsten 12 Monaten aufgeben zu müssen.
Büros spüren strukturelle Folgen der Corona-Pandemie
Während der Anteil der Büros, die sich mit Auftragsrückstellungen bzw. -absagen und Zahlungsengpässen bei Auftraggebern konfrontiert sehen, weiter sinkt und auch Verzögerungen auf den Baustellen durch ausbleibende Materiallieferungen oder Umsetzung der Corona-Vorgaben seltener berichtet werden, nehmen seit dem Sommer andere Probleme zu: So ist im Vergleich zum Juni ein leichter Anstieg bei den Büros festzustellen, die mit Personalausfällen auf der Baustelle oder im eigenen Büro zu kämpfen haben. Hier schlägt sich möglicherweise das veränderte Infektionsgeschehen nieder. Auch Verzögerungen im Baugenehmigungsprozess werden von einem Drittel der Befragten, und damit wieder häufiger als noch im Juni, genannt. Personelle Konsequenzen der Pandemie gibt es aber weiterhin nur in geringem Maße: Der Anteil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die entlassen werden mussten, ist seit Juni von 1,0% auf 1,8% gestiegen. Der Anteil derjenigen, die Arbeitszeit reduzieren, liegt aktuell bei 8,2% (Juni: 13,2%). Die Kurzarbeitsregelungen und Soforthilfen konnten umfangreiche Entlassungen verhindern.
Corona-Hilfen werden differenziert bewertet
Als benötigte finanzielle Hilfen werden besonders häufig Zuschüsse, Entlastungen bei Steuerzahlungen, Sozialabgaben und Lohnkosten genannt, während vergleichsweise seltener Bedarf nach Bürgschaften und Förderkrediten angemeldet wird. Die Stimmen, die die Förderprogramme für bedarfsgerecht halten, halten sich mit den Kritikern ungefähr die Waage. Bemängelt wird vor allem, dass die bisherige Beschränkung der Zuschüsse auf Betriebskosten insbesondere kleine Büros benachteiligt, da kein Unternehmergehalt berücksichtigt ist.