Am 07.02.2018 haben sich CDU/CSU und SPD auf einen gemeinsamen Koalitionsvertrag geeinigt. Der inzwischen verabschiedete Vertrag enthält auch zentrale Forderungen der Bundesingenieurkammer.
Einige für den Berufsstand wichtige Punkte sind:
Erhalt der HOAI
Auf europäischer Ebene will sich die große Koalition für den Erhalt der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) einsetzen. Diese sei unverzichtbar, um Bauqualität und -kultur zu sichern und Voraussetzung für einen fairen Leistungswettbewerb (Rn. 5447).
Infrastruktur
Die Infrastruktur soll weiter ausgebaut und modernisiert werden. Der Investitionshochlauf soll auf einem Rekordniveau für die Verkehrsinvestitionen mindestens auf dem heutigen Niveau fortgeführt werden (Rn. 3383). Daneben scheinen im Verkehrsbereich zwei Aussagen wesentlich: (Nur) die noch nicht fertiggestellten Öffentlich-Privaten Partnerschaften sollen realisiert werden, und auch nur dann, wenn deren Wirtschaftlichkeit auf Basis der mit dem Bundesrechnungshof abgestimmten Regularien transparent nachgewiesen worden ist (Rn. 3395). Darüber hinaus bleibt eine Privatisierung der Straßeninfrastruktur und der Infrastrukturgesellschaft Verkehr ausgeschlossen (Rn. 3409).
Förderung der Baukultur
Weiterhin bekennen sich die Koalitionsverhandler zur Baukultur und möchten diese in Zukunft verstärkt fördern (Rn. 5339).
Digitalisierung im Bauwesen
Für die Digitalisierung im Bauwesen bedeutet der Koalitionsvertrag einen wichtigen Schritt nach vorne, vergleicht man ihn mit dem Sondierungspapier. Die Parteien wollen demnach die Digitalisierung des Planens und Bauens in der gesamten Wertschöpfungskette Bau vorantreiben und dabei die Interessen des Mittelstands und kleinerer Planungsbüros berücksichtigen (Rn. 5441).
Vergaberecht
Widersprüchliche Signale gibt es zum Vergaberecht – während zum Thema „Bürokratieabbau“ eine Zusammenführung von Verfahrensregeln für die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen einerseits und von Bauleistungen andererseits in einer einheitlichen Vergabeverordnung angestrebt werden soll (Rn. 2924), wird die Sicherung und Weiterentwicklung der VOB für die Wirtschaftlichkeit des Bauens für unverzichtbar gehalten (Rn. 5404).
Bündnis bezahlbares Wohnen und Bauen
Die Arbeit der im Rahmen des „Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen“ eingesetzten Baukostensenkungskommission soll fortgesetzt werden. Dabei soll insbesondere die, von der Baukostensenkungskommission gegebene Empfehlung, für jede neue Normung im Bereich des Bauens eine Folgeabschätzung für die Kosten des Bauens und Wohnens vorzunehmen zur Entscheidungsgrundlage über die Einführung einer Normung gemacht und öffentlich zugänglich dokumentiert werden (Rn. 5411).
Wohnraumoffensive (Rn. 568, 5094)
Breiten Raum im Koalitionsvertrag 2018 nimmt das Thema „Schaffung von Wohnraum“ ein. Eine Reihe von Maßnahmen soll zur Schaffung von mehr Wohnraum beitragen, im frei finanzierten wie im öffentlich geförderten Bereich. Eckpunkte für ein Gesetzespaket „Wohnraumoffensive“ sollen bei einem „Wohngipfel 2018“ mit Ländern, Kommunen, Bau- und Immobilienwirtschaft, Mieter- und Vermieterverbänden sowie Gewerkschaften vereinbart werden. Die Eckpunkt der Wohnraumoffensive im Einzelnen (Auszug):
- 1,5 Millionen neue Wohnungen und Eigenheime im frei finanzierten und öffentlich geförderten Bereich.
- 2 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau.
- Steuerliche Förderung von mehr Wohneigentum (AfA, energetische Gebäudesanierung, Förderung Eigentum für Familien mit Baukindergeld in Höhe von 1200 Euro je Kind pro Jahr).
- Prüfauftrag für Freibeträge für Familien beim Ersterwerb von Wohneigentum.
Bauordnungsrecht
Eine stärkere Harmonisierung des Bauordnungsrechts im Einklang mit den Ländern wird angestrebt (Rn. 5421). Mit einem neuen Planungs- und Baubeschleunigungsgesetz sollen Verbesserung in den Bereichen Verkehr, Infrastruktur, Energie und Wohnen erreicht werden (Rn. 3421).
Energieeinsparung
Die Klimaschutzziele sind unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots und der Kosteneffizienz zu erreichen (Rn. 5395). Der Ausbau erneuerbarer Energien soll deutlich gestärkt werden. Ziel ist es, den Energieverbrauch bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken. Dazu soll der Nationale Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) weiterentwickelt und schnellstmöglich umgesetzt werden(3351). Die Energieberatung soll ausgebaut und adressatengerechter gestaltet werden (Rn. 5398).
Klares JA zum Kammersystem und zu den Freien Berufen
Die Koalitionsparteien bekennen sich zu den Kammern und den rechtlichen Grundlagen des bestehenden Kammerwesens (Rn. 2939).
Erwähnung findet im Koalitionsvertrag auch, dass die Freien Berufe einen wichtigen Beitrag zum Allgemeinwohl leisten. Daher sollen sie künftig noch stärker öffentlich anerkannt und gefördert werden. (Rn 2796).
EU-Politik
Positiv zu bewerten ist, dass sich die neue Bundesregierung auf europäischer Ebene für den Fortbestand bewährter Qualifikationsstandards einsetzen will und die von der EU-Kommission ins Spiel gebrachte Einführung des Herkunftslandprinzips ablehnt (Rn. 2815).
Altersvorsorge für Selbstständige
Es soll eine gründerfreundlich ausgestaltete Altersvorsorgepflicht für alle Selbstständigen eingeführt werden, die nicht bereits anderweitig obligatorisch (z.B. in berufsständischen Versorgungswerken) abgesichert sind (Rn. 4306).
Aus Sicht der Bundesingenieurkammer ist es erfreulich, dass einige ihrer zentralen Forderungen in den Koalitionsvertrag aufgenommen wurden. Die Bundesingenieurkammer wird auch in dieser Legislaturperiode wichtige Fragen und Themen des Berufsstandes identifizieren und mit geeigneten Ansprechpartnern erörtern und weiter voranbringen.