Welche Materialien können in den Kreislauf zurückgeführt werden, um den Ressourcenverbrauch zu senken? DIN hat einen Standard veröffentlicht, der hilft, Bauprodukte zu identifizieren, die sich ideal für eine erneute Verwendung eignen. Die neue DIN SPEC 91484 bietet eine einheitliche Methode, um das Potenzial von Bauprodukten für hochwertige Anschlussnutzungen zu erfassen. Das Verfahren zeichnet sich durch seine einfache Zugänglichkeit für alle Beteiligten aus. Die Initiatoren versprechen sich durch die unkomplizierte Anwendung eine nahtlose Integration in den Baualltag.
Grundlage für Gesetzgeber?
Bau- und Abbruchabfälle machten laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2020 mehr als 55 Prozent des bundesweiten Abfallaufkommens aus. Das Umweltbundesamt schätzt das gesamte verbaute Material im deutschen Gebäudebestand auf 15 Milliarden Tonnen. Diese Zahlen machen deutlich: In der Baubranche kann Kreislaufwirtschaft viel dazu beitragen, Ressourcen zu schonen und CO2-Emissionen zu senken. Die DIN SPEC 91484 wurde entwickelt, um diese Lücke zu schließen und einheitliche und standardisierte Prozesse in der Branche zu etablieren. Dominik Campanella, Initiator der DIN SPEC und Co-Geschäftsführer des Start-ups Concular, erklärt: „Mit dem im Standard beschriebenen Verfahren wird der Gebäudebestand systematisch erfasst und dokumentiert. Das gibt nicht nur der Wirtschaft einen klaren Handlungsrahmen, sondern ermutigt auch die Gesetzgeber, künftige Rück- und Umbauarbeiten an dieses Dokument zu knüpfen.“
In zwei Stufen zur Anschlussnutzung
Die DIN SPEC 91484 dient als Leitfaden für die Erstellung sogenannter Pre-Demolition-Audits. Das Verfahren gliedert sich in zwei Stufen: eine Vor- und eine Detailprüfung. Das Dokument definiert, welche Informationen über die Bauprodukte erfasst werden müssen, um ihr individuelles Potenzial für die Anschlussnutzung zu prüfen und zu bewerten: zum Beispiel Daten zum Standort des Bauwerks, zum Baujahr, zur Gebäudeklasse und Nutzungsart. Anhand dieser Basisinformationen können erste Entscheidungen getroffen werden, ob sich Bauprodukte für eine Wiederverwendung eignen oder nicht. Danach folgt die Detailprüfung, für die Fachgutachten erstellt werden. Außerdem legt das Dokument fest, welche Beteiligten dieses Verfahren durchführen. Dazu gehören Ingenieur*innen, Architekt*innen, Statiker*innen, Schadstoffgutachter*innen, Abbruchunternehmer*innen, Bauprüfämter, der Denkmalschutz und andere.
Trend zum zirkulären Bauen
Eine Entwicklung des Bauwesens hin zum kreislaufgerechten Bauen ist in Deutschland und Europa bereits deutlich erkennbar und gewinnt immer mehr an Bedeutung. Sowohl die Bundesregierung und die Kommunen als auch die EU sprechen sich dafür aus. Gesetze und Quoten für den Einsatz von wiedergewonnenen Bauprodukten gibt es bereits. Doch sie sind nur der Anfang. Die DIN SPEC 91484 liefert einen wichtigen Baustein für ein systematisches Vorgehen.
An der DIN SPEC 91484 mitgewirkt haben: Concular, Abbruchverband Nord e. V., Arcadis Germany, ATP Sustain, BTU Cottbus, Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V., Circular Structural Design, Contura Ingenieure, CYRKL Zdrojová platforma, s.r.o., Deutscher Abbruchverband e. V., Ed. Züblin AG, Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen Hamburg, Senatskanzlei Hamburg, Franßen & Nusser Rechtsanwälte PartGmbB, Goldbeck, Greyfield Development, Hagedorn Service, Hochschule München, InteriorPark, Johann Bunte Bauunternehmung, Kadawittfeldarchitektur, List Eco GmbH & Co. KG, Otto Wulff Bauunternehmung, TU Hamburg, Umtec Partnerschaft mbB, Universität Kassel, Universität Siegen.
Foto: (c) Qi/unsplash