Der oben genannte Gesetzentwurf schafft die notwendige Grundlage für den Erhalt der HOAI als Rechtsverordnung. Deren zeitnahe Anpassung ist nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 4.7.2019 notwendig geworden.
Begründet hat der EuGH die Europarechtswidrigkeit der verbindlichen Mindestsätze ausschließlich mit der Erwägung, dass in Deutschland Planungsleistungen auch von Dienstleistern erbracht werden dürfen, die nicht ihre fachliche Eignung nachweisen müssen (Rn. 92). Auch für die Vornahme der Leistungen, die diesen Mindestsätzen unterliegen, müssten aus Sicht des Gerichthofs „Mindestgarantien gelten, die die Qualität dieser Leistungen gewährleisten können“ (Rn. 92). Hierin liege eine sogenannte Inkohärenz.
Dieser Aspekt sollte unabhängig von der jetzt anstehenden Änderung des ArchLG und der HOAI in der nächsten Legislaturperiode weiterverfolgt werden. Aber auch im Übrigen kann die Anpassung der HOAI an das EuGH-Urteil nur ein erster Schritt sein. Eine Aktualisierung der Leistungsbilder insbesondere im Hinblick auf zunehmend digitale Planungen (BIM) ist ebenso erforderlich wie eine Überprüfung der derzeitigen, seit 2013 unveränderten Tafelwerte. Beides bedarf umfangreicher Vorbereitungen und sollte daher ebenfalls für die nächste Legislaturperiode vorgesehen werden.
Unabhängig davon nehmen wir zum vorliegenden Gesetzentwurf wie folgt Stellung:
Wir befürworten das im Regierungsentwurf vorgesehene Modell, die derzeitigen Honorartafeln zukünftig als Honorarorientierung auszugestalten. Auch im Übrigen halten wir den Entwurf für eine gute Grundlage für die durch das EuGH-Urteil notwendig gewordene Anpassung der HOAI sowie des hiermit im Zusammenhang stehenden Rechtsrahmens. Wir danken der Bundesregierung, insbesondere dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat sowie dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur für die geleistete Arbeit. Dies bezieht sich insbesondere auch auf die gegenüber dem ursprünglichen Referentenentwurf vorgenommenen Änderungen, die aus unserer Sicht zu einer erheblichen Verbesserung geführt haben. Dies gilt ungeachtet dessen, dass unsere Vorschläge, die wir weiterhin für zielführend halten, nicht vollumfänglich berücksichtigt worden sind.
Zu Artikel 1
Änderung des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen
Die Planerorganisationen hatten ursprünglich gefordert, im ArchLG eine Ermächtigungsgrundlage zu schaffen, um in der HOAI hinsichtlich des Honorars eine allgemeine Angemessenheitsregelung vorsehen zu können, wie sie in der Steuerberatervergütungsverordnung und dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz enthalten ist. Während der Verband der privaten Bauherren (VPB) dieses Anliegen nachdrücklich unterstützte, stieß es bei den Vertretern der öffentlichen Auftraggeber auf Bedenken. Auch der vorliegende Regierungsentwurf sieht eine solche Regelung nicht vor.
- 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 ArchLG-E übernehmen jetzt aber auf die Honorartafeln der HOAI bezogene Formulierungen aus dem derzeitigen ArchLG, wonach bei der Bestimmung der Honorartafeln zur Honorarorientierung den berechtigten Interessen der Ingenieure und Architekten und der zur Zahlung Verpflichteten Rechnung zu tragen ist und diese an der Art und dem Umfang der Aufgabe sowie an der Leistung des Ingenieurs oder Architekten auszurichten sind. Laut Gesetzesbegründung betonen die beiden Sätze, dass die Honorartafeln eine Orientierung für eine angemessene Honorarhöhe bieten sollen.
Wir begrüßen diese Aussage, halten es aber für naheliegend und zweckdienlich, sie auch bereits im Gesetzestext selbst zu verorten. Wir schlagen daher vor, § 1 Abs. 1 Satz 3 ArchLG wie folgt zu fassen:
„Als Orientierung für eine angemessene Honorarhöhe sind diese an der Art und dem Umfang der Aufgabe sowie an der Leistung des Ingenieurs oder Architekten auszurichten.“
Zusätzlich entscheidend sein wird es aus unserer Sicht, diese positiven Ansätze im ArchLG-E auch in der HOAI selbst deutlich zu verankern, um es den Planern und den Auftraggebern auch in der Praxis zu ermöglichen, im Rahmen der Honorarverhandlungen hierauf Bezug zu nehmen.
Zu Artikel 4
Änderung der Vergabeverordnung
Auch die im Regierungsentwurf vorgesehenen Änderungen der Vergabeverordnung (VgV) stellen gegenüber dem Referentenentwurf eine nicht unerhebliche Verbesserung dar. Wir begrüßen es insbesondere, dass der in § 76 Abs. 1 Satz 2 VgV enthaltene Bezug zur HOAI, wenn auch modifiziert, beibehalten werden soll.
Wir würden es allerdings für zielführend halten, die Aussagekraft dieses mit dem Grundsatz des Leistungswettbewerbs (§ 76 Abs. 1 Satz 1 VgV) im Zusammenhang stehenden Satzes durch folgende Formulierung zu stärken:
„Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure ist zu berücksichtigen. “
Dadurch würde gewährleistet, dass die öffentlichen Auftraggeber unter anderem die Honorartafeln als Ausdruck einer angemessenen Honorierung in ihre Honorarkalkulation einzubeziehen haben.
Die durch den Regierungsentwurf gestärkte Bedeutung der zukünftigen Honorarorientierung würde aus unserer Sicht durch eine Regelung konsequent fortgeführt, wonach bei Unterschreiten des in der Honorarorientierung enthaltenen Basishonorarsatzes ein ungewöhnlich niedriges Angebot im Sinne des § 60 VgV vorliegt. Wir schlagen insoweit folgenden neuen § 73 Abs. 4 VgV vor:
„Liegt der Preis eines Angebots unterhalb des Basishonorarsatzes der Honorarorientierung in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, verlangt der öffentliche Auftraggeber vom Bieter Aufklärung. Im Übrigen gelten § 60 Absatz 2 bis 4.“
Stand 10.08.2020