Vergaberecht: Gutachten bestätigt Rechtskonformität eines alternativen Beschaffungskonzepts

Rechtsgutachten Vergaberecht Planungsleistungen

Vergaberecht: Gutachten bestätigt Rechtskonformität eines alternativen Beschaffungskonzepts

Vergaberecht: Gutachten bestätigt Rechtskonformität eines alternativen Beschaffungskonzepts 2560 1709 Bundesingenieurkammer

Nach der Streichung der vergaberechtlichen Regelung bei Planungsleistungen (§ 3 Abs. 7 Satz 2 VgV) besteht weiterhin große Verunsicherung bei öffentlichen Auftraggebern, wie die Auftragswertberechnung in diesem Bereich rechtssicher vorgenommen werden kann. Die Möglichkeit einer gemeinsamen Vergabe von Aufträgen für Planungs- und Bauleistungen, kombiniert mit Fachlosbildung, hatte das BMWK in seiner Verordnungsbegründung zur Streichung von § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV angedeutet. Dass dieses Beschaffungskonzept rechtlich zulässig ist, bestätigt nun ein Rechtsgutachten.

Das Gutachten hebt zudem hervor, dass weiterhin der Grundsatz der mittelstandsfreundlichen Vergabe einzuhalten ist. Dies bedeutet, dass die zu vergebenden Leistungen auch bei diesem alternativen Beschaffungskonzept in Fach- und Teillose aufzuteilen sind.

„Das alternative Beschaffungskonzept ist vergaberechtskonform, denn im Europarecht wird die sogenannte Beschaffungsautonomie des jeweiligen öffentlichen Auftraggebers anerkannt. Der Ausübung seiner Beschaffungsautonomie sind insoweit keine Grenzen gesetzt“, bestätigt Prof. Dr. jur. Martin Burgi, Leiter der Forschungsstelle für Vergaberecht und Verwaltungskooperationen Ludwig-Maximilians-Universität München, und Autor des Gutachtens.

Rechtsgutachten als Orientierungshilfe
Das Gutachten von Professor Burgi wurde aktuell durch die Kammern und Verbände der planenden Berufe veröffentlicht. Es kann eine Lücke schließen und öffentlichen Auftraggebern und Vergabekammern als Entscheidungsgrundlage dienen. Im Gutachten weist Professor Burgi daraufhin, dass es eine weitere Vergabemöglichkeit gibt und diese in die Vergabepraxis einfließen sollte.

Denn sowohl die deutschen als auch die europäischen vergaberechtlichen Regelungen sehen vor, dass ein Auftraggeber frei wählen kann, ob er Planungs- und Bauleistungen getrennt oder gemeinsam, auch kombiniert mit einer Fachlosbildung, vergeben möchte. Bei diesem alternativen Beschaffungskonzept der gemeinsamen Vergabe geht das Vergaberecht davon aus, dass es sich insgesamt um einen Bauauftrag handelt. Demzufolge kommt der Schwellenwert für die Vergabe von Bauleistungen in Höhe von 5.538.000 Euro zur Anwendung und nicht der von Planungsleistungen in Höhe von 221.000 Euro. In letzter Konsequenz hat das alternative Beschaffungsmodell zur Folge, dass vergleichsweise häufig der Schwellenwert für Bauaufträge von 5.538.000 Euro erreicht oder überschritten wird. „Hierin liegt aus der Sicht des europäischen Binnenmarkts übrigens ein Vorzug“, erläutert Professor Burgi.

Das Rechtsgutachten wurde gemeinsam von Bundesingenieurkammer, Bundesarchitektenkammer, AHO (Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V.) und VBI – Verband Beratender Ingenieure in Auftrag gegeben.

„Das Rechtsgutachten von Professor Burgi zur Vergabepraxis von Planungsleistungen beim Bauen ist eine wichtige Orientierungshilfe, um für Länder und Kommunen mehr Klarheit zu schaffen. Es hebt zudem hervor, dass der Grundsatz der mittelstandsfreundlichen Vergabe ein hohes Gut unseres Wirtschaftssystems ist, den es unter allen Umständen zu wahren gilt.“
Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer

Rechtsgutachten
„Gemeinsame Vergabe von Aufträgen für Planungs- und Bauleistungen, kombiniert mit Fachlosbildung: Funktionsweise und Rechtskonformität eines alternativen Beschaffungskonzepts (v.a. bei kommunalen Investitionsvorhaben für Klimaschutz, sozialer Infrastruktur, Sanierung etc.) nach Streichung des § 3 Abs. 7 S. 2 VgV“

Autor: Professor Dr. iur. Martin Burgi, Ordinarius für Öffentliches Recht und Europarecht, Leiter der Forschungsstelle für Vergaberecht und Verwaltungskooperationen an der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität, München

Foto: © iStock

 

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