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Eva Hämmerle

Bündnis für bezahlbaren Wohnraum

Wohnungsbaugipfel: Bund und Länder müssen nun die nächsten Hürden nehmen

Wohnungsbaugipfel: Bund und Länder müssen nun die nächsten Hürden nehmen 2560 1440 Bundesingenieurkammer

Wie vom Bausektor gefordert, hat die Bundesregierung ein Gesamtpaket mit Maßnahmen geschnürt und beim Wohnungsbaugipfel des Bundeskanzlers am 25. September 2023 vorgestellt. Dieses soll kurzfristig den Wohnungsbau in Deutschland wiederbeleben. Viele der Punkte wurden in den letzten Wochen und Monaten zwischen Wirtschaft und Politik ausgehandelt und stellen einen guten Kompromiss dar. Ob jedoch die neu bereitgestellten Gelder und Steuererleichterungen den Baumotor soweit hochfahren, dass der dringend benötigte Wohnraum im entsprechenden Umfang geschaffen wird, bleibt abzuwarten. Wichtig ist, in den nächsten Wochen und Monaten wieder für Planungssicherheit und Vertrauen bei Investoren und Häuslebauern zu sorgen. Den Ländern und der im November stattfindenden Bauministerkonferenz der Länder fällt nun eine zentrale Rolle zu. Hier wird sich zeigen, ob dem heute vorgestellten Maßnahmenkatalog auch wirklich Taten folgen werden.

Die Genehmigungs- und Planungsverfahren zu beschleunigen, ist eine der Forderungen der Ingenieurkammern. Die Einführung des digitalen Bauantrags zeigt jedoch, wie langwierig solche Prozesse sind. Sollte die Genehmigungsfiktion von 3 Monaten umgesetzt werden, so wäre dies aus Sicht der Bundesingenieurkammer ein wirklicher Fortschritt.

Die Bundesingenieurkammer begrüßt, dass mehr Augenmerk auf das Bauen im Bestand, das ressourcenschonende Bauen und die Kreislauffähigkeit von Baumaterialien gelegt wird. Innovationen am Bau und die Forschung müssen hierzu jedoch entsprechend gefördert, der Rechtsrahmen zügig angepasst werden. Die CO2-Reduktion im Gebäudesektor und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die Bundesingenieurkammer hat immer betont, dass der Bausektor in der Lage sein muss, beide Ziele zu erreichen. Die vorgestellten Maßnahmen und Anpassungen in diesem Bereich sind ein gut abgestimmtes Maßnahmenpaket. Der öffentlichen Hand als Auftraggeber fällt bei Nachhaltigkeit und Digitalisierung am Bau eine Vorbildrolle zu – sie muss hier vorangehen.

Dr. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer, zum Wohnungsbaugipfel des Bundeskanzlers: „Wohnungsbau ist auch immer Sozialpolitik – doch leider ist bezahlbarer Wohnraum aktuell Mangelware. Die Schaffung von Wohneigentum sollte breiten Bevölkerungsteilen ermöglicht werden. Deshalb ist es wichtig, dass sich der Kanzler und die Bundesregierung ressortübergreifend diesen Themen angenommen haben. Ein Gesamtpaket wurde geschnürt, das hoffentlich nun den gewünschten Effekt hat. Die Hürden der ‚Leistungsphase null‘ wurden genommen, wir müssen jetzt endlich in die Umsetzung kommen.“

Fotos: @BMWSB / Henning Schacht

Humboldt Universität Architekten- und Ingenieurrecht

Jahreskongress Architekten- und Ingenieurrecht 2023

Jahreskongress Architekten- und Ingenieurrecht 2023 2400 1350 Bundesingenieurkammer

Auch in diesem Jahr findet  der Kongress zum Architekten- und Ingenieurrecht wieder in der Humboldt-Universität Berlin statt. Das Expertenforum widmet sich am 16. November 2023 aktuellen Themen des Architekten- und Ingenieurrechts. Neben Themen wie die HOAI und der aktuellen Rechtsprechung des BGH steht auch der „Gebäudetyp-e“ sowie das nachhaltige und bezahlbare Bauen auf dem Programm.

Die Bundesingenieurkammer ist Partner des Kongresses: Kammermitglieder und Mitarbeiter der Kammern erhalten einen Nachlass in Höhe von 50 Euro auf den Tagungsbeitrag.

Die Anmeldung zum Kongress bzw. zum Vorabendprogramm ist hier möglich.

Programm: Kongress & Vorabend

Grußwort Bundesbauministerin Klara Geywitz

Neueste Rechtsprechung des BGH zum Architekten- und Ingenieurrecht
RiBGH Prof. Dr.jur. Andreas Jurgeleit, VII. Zivilsenat (Bausenat)

Gebäudetyp-e – Chance und Herausforderung
Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer
Prof. Dr. jur. Winfried Kluth, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
RA Dr. jur. Achim Olrik Vogel, München

Podiumsdiskussion zum Thema „Nachhaltiges und bezahlbares Bauen“
Prof. Stefan Behnisch
, Architekt Boston, München, Stuttgart
Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer
Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer
Prof. Dr. jur. Winfried Kluth, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
RA Dr. jur. Achim Olrik Vogel, München
Moderation: Prof. Dr. Dr. Horst G. Rustmeier

HOAI – Reformdiskussion aus erster Hand
RA Prof. Dr. jur. Heiko Fuchs, Mönchengladbach
Dipl.-Ing. Klaus D. Abraham, Vorstandsvorsitzender des AHO

„Die aktuelle Rechtsfrage und ihre Lösung“
Prof. Dr. jur. Wolfgang Voit, Philipps-Universität Marburg

Vorabendprogramm am 15. November 2023: Exklusive Museumsnacht auf der Museumsinsel
Führung: Prof. Dr. Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz

Foto: © Stanley Gavino/unsplash

Zeltdach des Olympiastadions München als „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ ausgezeichnet

Zeltdach des Olympiastadions München als „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ ausgezeichnet 150 150 Bundesingenieurkammer

Transparent, überraschend, innovativ und ungewöhnlich

Das Zeltdach des Olympiastadions München wird als „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ ausgezeichnet

München, 22. September 2023. Am 22. September 2023 wurde das Zeltdach des Olympiastadions in München mit der Auszeichnung „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ geehrt. Vor rund 100 Gästen fand die feierliche Preisverleihung und die Enthüllung der Ehrentafel am Olympiastadion statt.
Zu den Olympischen Spielen 1972 fertiggestellt, ist das Zeltdach noch heute für den Ingenieurbau prägend. Das Bauwerk zeichnet sich dadurch aus, dass modernste, weitgehend eigens dafür entwickelte Techniken zum Einsatz kamen. Die zahlreichen Entwicklungen waren später noch für die Konstruktion von Dächern und Brücken richtungsweisend. Hierzu zählen die Erdanker, das dehnbare, hochpräzise, vorgefertigte Seilnetze sowie der erste große CAD-Einsatz – um nur einige zu nennen. Die aus dem Bau des Zeltdaches gewonnenen Erkenntnisse wurden später aufgearbeitet und weiter erforscht. So wurde in Zusammenarbeit mit den beteiligten Ingenieurbüros ein eigener Forschungsbereich an der Universität Stuttgart gegründet, der seitdem weltweite Anerkennung genießt. Der Innovationsgeist und Mut von damals dienen heute noch vielen Ingenieurinnen und Ingenieuren als Vorbild.

Bayerns Bauminister Christian Bernreiter, der terminbedingt nicht an der Ehrung teilnehmen konnte, hat durch seinen ursprünglichen Beruf eine besondere Verbindung zur Zeltdachkonstruktion: „Als Stahlbau- und Schweißfachingenieur bewundere ich das Zeltdach des Olympiastadions sehr. Zusammen mit dem Olympiapark gibt es der Stadt München ein einzigartiges Gesicht und hat einen großen Wert für die Bürgerinnen und Bürger. Jedes Jahr kommen Touristen aus aller Welt, um diesen charakteristischen Ort mit seiner einzigartigen Wirkung zu besichtigen. Dass die einzigartige Ingenieurbaukunst nun besonders geehrt wird, ist absolut verdient.“

Die Münchner Stadtbaurätin Prof. Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk betont: „Das transparente Zeltdach des Olympiageländes steht für Durchlässigkeit und Leichtigkeit. Es wurde als Symbol der Demokratie geschaffen. Ein Wahrzeichen, dessen geniale Architektur und Ingenieurbaukunst die gebaute Philosophie der Baukultur verkörpert.“

„Ich freue mich, dass mit dieser Auszeichnung die herausragenden Ingenieurleistungen, die dieses einzigartige Zeltdach erst möglich gemacht haben, für jedermann sichtbar gemacht werden“, unterstreicht Prof. Dr. Norbert Gebbeken, Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau über die Ehrung.

Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer, kommentiert: „Wenn der Architekt Günter Behnisch die Überdachung nach Fertigstellung transparent, überraschend, innovativ und ungewöhnlich nennen konnte, so lag dies an der engen Verzahnung von Architektur und Ingenieurbau. Auch hier hat das Bauwerk noch heute Vorbildcharakter. Das Zusammenspiel von Gestaltung und Technik sowie die Zusammenarbeit mit dem Handwerk machen das Zeltdach zum Symbol deutscher Ingenieurbaukunst. Es freut mich sehr, diese Auszeichnung im Namen der Bundesingenieurkammer zu verleihen, denn auch für mich waren die Ingenieurleistungen des Zeltdaches prägend.“

Die Auszeichnungsreihe „Historische Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ wird unterstützt vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB), den Ingenieurkammern der Länder und dem gemeinnützigen Förderverein „Historische Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“. Die Auszeichnung erhalten historisch besonders bedeutende Ingenieurbauwerke, die mindestens 50 Jahre alt sind. Das Zeltdach des Münchner Olympiastadions ist das vierte bayerische Bauwerk, das diesen Titel tragen darf. Bundesweit wurden seit 2007 mit dem heutigen Tag 30 Bauwerke ausgezeichnet.

Weitere Informationen: Eine Idee wird Realität – wie das Zeltdach des Olympiastadions München den Ingenieurbau Deutschlands prägte

zur Auszeichnung

Filmische Dokumentation

Webseite Historische Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland

Kontakt:
Eva Hämmerle
Kommunikation & Presse
+49 (0) 30-2589 882-23
haemmerle@bingk.de
www.bingk.de

Zeltdach Olympiapark München

Eine Idee wird Realität – das Zeltdach des Olympiastadions München

Eine Idee wird Realität – das Zeltdach des Olympiastadions München 2560 1440 Bundesingenieurkammer

Eine Idee wird Realität – wie das Zeltdach des Olympiastadions München den Ingenieurbau Deutschlands prägte

Zu den Olympischen Spielen in München 1972 fertiggestellt, ist die Zeltdachkonstruktion für den Ingenieurbau prägend. Das Zeltdach des Olympiastadions zeichnet sich dadurch aus, dass für die damalige Zeit modernste, weitgehend eigens dafür entwickelte Techniken zum Einsatz kamen. Die zahlreichen Entwicklungen waren später noch für die Konstruktion von Dächern und Brücken richtungsweisend. Die aus dem Bau des Zeltdaches gewonnenen Erkenntnisse wurden aufgearbeitet und weiter erforscht. So wurde in Zusammenarbeit mit den beteiligten Büros eigene Sonderforschungsbereiche an der Universität Stuttgart gegründet.

Auch die enge Zusammenarbeit von Architektur und Ingenieurbau gilt heute noch als vorbildlich. Mut und Innovationsgeist der damaligen Projektteams waren Ausgangspunkt für die Gründung namhafter Ingenieurbüros mit weltweiter Strahlkraft. Die Idee der Architekten um Günter Behnisch wurde erst durch die Ingenieurleistung möglich und zu einem heutigen Wahrzeichen Münchens. Die Realisierung des Zeltdaches war mit formgebend für die Architektur des Olympiaparks. Am 22. September 2023 wird das Zeltdach des Olympiastadions München nun mit der Auszeichnung „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ geehrt.

Eine Idee wird Realität – das Wettbewerbsmotto

Der 1967 ausgeschriebene Wettbewerb lautete: „Spiele im Grünen, Olympiade der kurzen Wege, Fest der Musen und des Sports, Spiele der Jugend“. Entwurf und Gestaltung der Sportstätten und des Olympiaparks wirken heute noch als die ideale Übersetzung des Wettbewerbsmottos. Als Erdstadion konzeptioniert, mit Verbindung von Topografie und Architektur, und Einbindung in eine Parklandschaft ist der Olympiapark aktuell noch ein Beispiel für nachhaltiges Bauen. Die transparente und wenig monumentale Anmutung sowie der ressourcenschonende Materialeinsatz des Zeltdaches tragen ihr Übriges dazu bei.

Eine Idee wird Realität – das Zeltdach

Die Idee des Zeltdaches ging auf den durch den Architekten Frei Otto erbauten Deutschen Pavillon für die Expo 1967 in Montreal zurück. Die angedachte Überdachung des Olympiastadions und des gesamten Olympiaparks stieß jedoch in völlig neue Dimensionen vor. Eine 1:1-Umsetzung des Entwurfs war nicht möglich, die Realisierung eines Zeltdaches in dieser Größenordnung technisch, zeitlich und finanziell umstritten. Nur durch die Zusammenarbeit einer Vielzahl von Ingenieuren unter Leitung von Jörg Schlaich mit enger Verzahnung der planenden Berufe konnte es in seiner abschließenden Form realisiert werden. Das Zeltdach als Unikat löste eine Vielzahl an Innovationen für den heutigen Bau von Brücken und Dächern aus. Dazu zählen u. a. die Weiterentwicklung der Stahlgusstechnologie, dauerschwingfeste Verankerungen und Klemmen für Seile und Litzen sowie die enge Umlenkung verschlossener Seile, die dehnbaren, hochpräzisen, vorgefertigten Seilnetze, der erste große CAD-Einsatz und die Erd-Anker.

Eine Idee wird Realität – die lichtdurchlässige Dachhaut

Das Material, mit dem die Dachhaut erstellt werden sollte, war lange umstritten. Das Entwurfsmodell aus Feinstrumpfhosen brauchte eine realisierbare Lösung. Eine Tuchlösung wurde verworfen. PVC-Folien- und Metallschindeleindeckungen standen ebenfalls zur Diskussion. Letztlich bekam die heutige Acrylglaseindeckung den Zuschlag. Ausschlaggebend war hier die Erfahrung der Olympischen Spiele 1968 in Mexico City: Die Qualität der Fernsehbilder litt unter dem Schattenwurf des Stadiondaches. Man näherte sich damit auch der Entwurfsidee einer lichtdurchlässigen Dachhaut an. Aufwendig wurde die Eignung des Materials getestet. Das Acrylglas durfte im Brandfall weder weiterbrennen noch abtropfen. Ein Brechen unter Schneelast musste verhindert werden. Zudem wurden Montage und Instandhaltung durch die Begehbarkeit des Daches berücksichtigt.

Eine Idee wird Realität – computerbasierte Berechnungen

Bereits als der Bau des Zeltdaches begonnen hatte, fand Professor John H. Argyris (Universität Stuttgart) ein mathematisch-elektronisches Berechnungsverfahren, das es ermöglichte, leichte räumliche Tragwerke in den Dimensionen des Daches exakt zu berechnen. So wurden die Bewegungen von hunderten Seilknoten in Rastermaßen bei Belastung simuliert. Denn drückt die Last auf einen beliebigen Knoten, bewegen sich sämtliche Punkte in drei Dimensionen – Simulationen, die ohne computerbasierte Modelle kaum nachvollziehbar abzubilden gewesen wären. Auch in diesem Bereich wurden neue Maßstäbe für den weiteren Ingenieurbau gesetzt.

Details zum Zeltdach des Olympiastadions

Zum größten Teil überspannt das Dach die Haupttribüne auf der Westseite des Stadions, mit etwa 34.550 Quadratmetern. Jeweils zwei 70 Meter hohe und sechs etwas kleinere Masten wurden errichtet. Deren Abspannungen wurden an den Tiefpunkten hinter der Tribüne verankert. Da Stützen im Tribünenbereich vermieden werden sollten und eine Verankerung auf der Vorderseite der Tribüne im Bereich des Spielfelds ausschied, wurde ein 440 Meter langes Rundseil gespannt. Es verläuft im Bogen von der Nordseite des Stadions über die Haupttribüne bis zur Südseite. Zur Verankerung an den Endpunkten des Rundseils dienen 4.000 Tonnen schwere Betonquader, die teilweise bis zu 30 Meter tief im Boden eingelassen sind. Auf dem Rundseil sind zwei der vier Flutlichtbatterien befestigt. Mehr als 12.700 Plexiglasplatten wurden insgesamt für das Zeltdach verwendet. Die Abstände zwischen den Knotenpunkten wurden auf 75 cm festgelegt.

Planungsbeteiligte Zeltdach Olympiapark

Bauherr: Olympia-Baugesellschaft mbH; Hauptgeschäftsführer Carl Mertz

Entwurf, Ausführungsplanung und künstlerische Oberleitung – Architekten und Ingenieure

  • Behnisch & Partner: Fritz Auer, Winfried Büxel, Johannes Albrecht, Horst Stockburger, Cord Wehrse
  • Frei Otto: Ewald Bubner, Ulrich Hangleitner, Matthias Kreuz
  • Leonhardt und Andrä: Jörg Schlaich, Rudolf Bergermann, Knut Gabriel, Günter Mayr, Ulrich Otto

Ingenieure in beratender Funktion und Institute

  • Bauphysik und Materialtechnik: Prof. Wilhelm Schaupp
  • Prüfingenieur: Prof. Herbert Kupfer
  • Messmodelle: Institut für Leichte Flächentragwerke, Technische Universität Stuttgart, Prof. Frei Otto
  • Tages- und Kunstlichtverhältnisse: Institut für Lichttechnik, Technische Universität Berlin, Prof. Jürgen Kochmann
  • Bodenmechanik: Institut für Grundbau und Bodenmechanik, Technische Universität München, Prof. Richard Jelinek
  • Vermessung: Institut für Anwendung der Geodäsie im Bauwesen Technische Universität Stuttgart, Prof. Klaus Linkwitz
  • Mathematisch-elektronische Berechnung: Institut für Statik und Dynamik der Luft- und Raumfahrtkonstruktionen, Technische Universität Stuttgart, Prof. John H. Argyris
  • Windkanaluntersuchungen: Bayerische Landesgewerbeanstalt München

Stahlbauarbeiten
Arbeitsgemeinschaft Stahlbau Dach: Aug. Klönne Friedrich Krupp GmbH, Maschinen- und Stahlbau Rheinstahl-Union AG, Steffens & Nölle GmbH, Vereinigte Österreichische Eisen- und Stahlwerke AG, Waagner-Biro AG

Dachhaut
Arbeitsgemeinschaft Olympia-Lichtdach: Rheinhold & Mahla GmbH (Mannheim), Schöninger GmbH (München)

Bauchronik

13.10.1967: Günter Behnisch & Partner (B & P) gewinnen den 1. Preis des Wettbewerbs

1.3.1968: Offizieller Auftrag an B & P für das Sportstättenensemble der Olympischen Spiele

21.6.1968: Entscheidung zugunsten einer Kabelnetzkonstruktion für das olympische Dach; Team B & P, Frei Otto, Leonhardt & Andrä

14.8.1969: Grundsteinlegung der Olympiabauten

August 1970: Beginn der Dachmontage (Mast und Vorbereitung der Abspannseile)

Mai 1971: Beginn der Dachmontage (vorgefertigte Kabelnetze und Vorspannprozess)

August 1971: Montage von Acrylglasscheiben auf dem Kabelnetz

Mai 1972: Fertigstellung der Dacharbeiten

26.5.1972: Eröffnung des Stadions mit dem Fußballfreundschaftsspiel BRD vs. Sowjetunion

26.8. – 11.9.1972: XX. Olympische Sommerspiele 1972 in München

Literatur: Fritz Auer: Ein Zeltdach für München und die Welt; 2022; ISBN 978-3-96233-322-5

Foto: © Hello Studio W/BIngK

Film: © Hello Studio W/BIngK

Auf ein Wort: Bundesregierung muss gegensteuern

Auf ein Wort: Bundesregierung muss gegensteuern

Auf ein Wort: Bundesregierung muss gegensteuern 2560 1440 Bundesingenieurkammer

Die aktuellen Zahlen zum Wohnungsbau in Deutschland und die sich fortsetzenden negativen Entwicklungen im Bausektor sind alarmierend. Gut, dass die Bauwirtschaft hier in den letzten Wochen nochmal lauter wurde. Denn es ist unverständlich und geradezu fahrlässig, dass die Bundesregierung nicht längst unserer Branche effektiv zur Seite gesprungen ist. So ist doch der Bausektor der wichtigste Wirtschaftszweig der deutschen Volkswirtschaft – mit einem Anteil am Bruttoinlandsprodukt von 10 Prozent. Jetzt muss gegengesteuert werden, um den Auswirkungen von Pandemie und Ukrainekrieg und ihren Folgen wie Inflation, steigenden Zinsen und Energiekosten entgegenzuwirken. Denn dies sind alles Entwicklungen, auf die die Bauwirtschaft keinen direkten Einfluss hat und die nicht „industriegemacht“ sind. Den Gesprächsrunden mit dem Bundeskanzler und der Bundesregierung, an denen die Bundesingenieurkammer für die deutschen Ingenieurinnen und Ingenieure teilnimmt und die Stimme erhebt, müssen auch Taten folgen. Förderungen und Investitionen im Gießkannenprinzip sind keine adäquaten Antworten. Wenn in den nächsten Wochen und Monaten nicht umfassend reagiert wird, wirkt sich dies anhaltend auf die volkswirtschaftlichen Kennzahlen Deutschlands aus.

Ein schwieriges wirtschaftliches Umfeld darf uns aber nicht lähmen. Gerade in solchen Zeiten sind Pioniergeist, Unternehmertum und wirtschaftlicher Mut gefragt. Die kleinen und mittelgroßen freiberuflichen Strukturen der Ingenieurbüros verfügen grundsätzlich über die nötige Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. So können Klima-, Bau- und Energiewende nur mit den Planungsstrukturen der kleinen und mittelgroßen Büros in den Regionen in der notwendigen Schnelligkeit umgesetzt werden. Doch auch hier müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Gewollt oder ungewollt, die Zeichen der Politik stehen leider aktuell nicht auf der Förderung des Unternehmertums und der Freiberuflichkeit. Die Änderungen des Vergaberechts, überbordende Bürokratisierung und der Fachkräftemangel drohen zu strukturellen Verwerfungen beim Planen und Bauen zu führen. Strukturen, die seit Jahrzehnten für erfolgreiches Wirtschaften stehen und zum wirtschaftlichen Wachstum nicht nur in den Ballungszentren, sondern bundesweit beigetragen haben. Dieses Erfolgsmodell eines flächendeckenden und ausreichenden Planungsangebotes sollte nicht leichtsinnig aufs Spiel gesetzt werden. Die kräftezehrenden Transformationsbemühungen der Politik dürfen nicht dazu führen, gerade die Akteure aus dem Blick zu verlieren, die aktuell benötigt werden. Die planenden Berufe in ihrer jetzigen Struktur müssen gestärkt werden. Der nächsten Generation von Ingenieurinnen und Ingenieuren müssen Perspektiven aufgezeigt werden, um die Freiberuflichkeit nachhaltig zu stärken. Unternehmertum muss sich schlichtweg weiterhin lohnen.

Dr.-Ing. Heinrich Bökamp
Präsident der Bundesingenieurkammer

Fotos: (c) Scott Blake/unsplash

Bundestag verabschiedet Gebäudeenergiegesetz

Gebäudeenergiegesetz: Nur ein Baustein der Klima- und Bauwende

Gebäudeenergiegesetz: Nur ein Baustein der Klima- und Bauwende 2400 1350 Bundesingenieurkammer

Die Bundesingenieurkammer begrüßt die in den letzten Wochen verabschiedete Verzahnung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) mit der kommunalen Wärmeplanung. Nach den öffentlich kontrovers geführten Diskussionen um das Gebäudeenergiegesetz und der zunehmenden Verunsicherung in der Bevölkerung, wird nun die notwendige Planungssicherheit geschaffen. Wichtig ist und bleibt, das Vertrauen in die Energie- und Klimawende der Bevölkerung zu erlangen. „Wir können hier immer wieder nur appellieren, für eine flächendeckende Nachhaltigkeitsberatung zu sorgen, die die Investitionen in die Zukunft sicherer machen“, so Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer. Im Sinne des Verbraucherschutzes sollte im Gebäudesektor eine umfassende Beratung und Planung in Sachen Nachhaltigkeit erfolgen, die über die Wahl der Heiztechnologie hinausgeht.

Der Bausektor kann einen wesentlichen Beitrag leisten, um die Klimaziele zu erreichen. Hierzu braucht es jedoch in vielen Bereichen ein Umdenken, um die notwendige Bauwende umzusetzen. Die Potentiale erstrecken sich über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks. Die Energieeffizienz eines Gebäudes ist nur eine davon. Die Reduktion von CO2 im Gebäude- und Bausektor sollte über das Bauen im Bestand, die klimagerechte Sanierung und Kreislauffähigkeit von Baustoffen erfolgen. Hier müssen dringend die regulatorischen Rahmenbedingungen angepasst und Anreize geschaffen werden. Zudem muss auf die Forschung und Entwicklung im Bereich des ressourcenschonenden Bauens mehr Augenmerk gelegt werden. Die Innovationskraft des Bauingenieurwesens sollte genutzt und gezielt gefördert werden.

„Das Bauingenieurwesen in Deutschland genießt hohes Ansehen weltweit. Wir sollten uns dies bei der notwendigen CO2-Reduktion im Bausektor zu nutzen machen. Die Potentiale des klimaschonenden Bauens sind vielfältig, deshalb braucht es hier die richtigen Anreize und Förderkulissen. Wir alle sind den nächsten Generationen verpflichtet, jetzt die Themen besonnen und gezielt anzugehen. Das GEG ist nur ein Baustein der Klima- und Bauwende,“ unterstreicht der Präsident der Bundesingenieurkammer.

Der Text wurde in nbau erstveröffentlicht.

Fotos: (c) Claudia Schwarz/unsplash

Serielles Bauen Rundertisch

Auftakt: Runder Tisch für serielles Bauen

Auftakt: Runder Tisch für serielles Bauen 1185 665 Bundesingenieurkammer

Am Dienstag, 5. September 2023, kam zum ersten Mal der Runde Tisch „Serielles, modulares & systemisches Bauen“ in Berlin zusammen. Dieser ist Teil der nun bei der Bundesstiftung Bauakademie eingerichteten Geschäftsstelle für serielles, modulares und systemisches Bauen. Der Runde Tisch und die Geschäftsstelle sind zwei Forderungen des Bündnisses bezahlbarer Wohnraum, die damit umgesetzt wurden.

Dazu Dr. Rolf Bösinger, Staatssekretär im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: „Wir haben uns dazu entschieden, den Blick nicht ’nur‘ auf das serielle Bauen zu richten, sondern ihn um das systemische und modulare Bauen zu erweitern. Damit wird nicht nur das Bauen von kompletten Gebäuden in Serie oder mittels vorgefertigter gleichartiger Module einbezogen, sondern auch die Verwendung von einheitlichen und vorgefertigten Bauteilen und Baugruppen. Künftig werden wir mit der Geschäftsstelle ‚Serielles, modulares und systemisches Bauen‘ und mit dem gleichnamigen Runden Tisch alle wesentlichen Themen und Fragen rund um diese Bauweise aufgreifen. Ziel ist es, durch serielle und modulare Bauweisen eine höhere Vorfertigungsquote zu erreichen, kostengünstiger zu produzieren, schneller zu bauen und damit zu helfen, schneller den dringend benötigten guten und bezahlbaren Wohnraum entstehen zu lassen.“

Ziele der Geschäftsstelle und des Runden Tisches sind unter anderem:

• die Nachfrage nach seriell, modular und systemisch hergestellten Wohngebäuden zu erhöhen,

• die Angebotskapazitäten auszubauen und an die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden anzupassen,

• Markt- und Realisierungshemmnisse zu identifizieren und abzubauen,

• Vorteile der Bauweise zu popularisieren,

• Konzepte für Fördermöglichkeiten zu erarbeiten

• und erfolgreiche Projekte als Wissensvorteile zu transferieren, um diesen Angebotsstrang zu stärken.

• Das serielle Sanieren als eine Art des seriellen Bauens soll dabei mit betrachtet werden.

Dazu Sören Barol, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: „In der Geschäftsstelle und am Runden Tisch eint alle ein Ziel: Wir wollen seriellem, modularem und systemischem Bauen einen Push geben! Bei den Themen Nachhaltigkeit, barrierefreies Wohnen und Bekämpfung von Wohnungslosigkeit gibt es ebenfalls viel Übereinstimmung. Dennoch kommen hier verschiedene Akteure mit unterschiedlichen Interessen zusammen, die es zusammen zu binden gilt. Diese Aufgabe übernimmt dankenswerter Weise die Bauakademie unter Leitung von Prof. Dr. Guido Spars. Alle Akteure eint, dass sie diese effiziente und nachhaltige Bauweise stärken wollen. Die Bauakademie wird dafür die Plattform bilden.“

Der Runde Tisch wird als Arbeitseinheit agieren und an das Bündnis bezahlbarer Wohnraum Bericht erstatten. Allen Akteuren sollen Erfahrungen zur Verfügung gestellt und mittelstandsgerechte Lösungen in die Wohnungsbaupraxis gebracht werden. Der Runde Tisch trifft sich halbjährlich, kann aber auch kurzfristig einberufen werden.

Dazu Prof. Dr. Guido Spars, Gründungsdirektor der Bundesstiftung Bauakademie: „Zahlreiche Verbände der Bauwirtschaft, der Wohnungswirtschaft, aber auch von Kammern, kommunalen Spitzenverbänden und Vereinen wie der Deutschen Umwelthilfe und Architects 4 Future arbeiten mit. Rund 30 Akteure haben sich im Rahmen der ersten Lenkungsgruppensitzung eingebracht. Working Groups wurden gebildet, in denen konkrete Maßnahmen entwickelt werden. Es ist wichtig, dass wir dieses Thema breit und langfristig als Thinktank anlegen und möglichst viel vorhandenes Wissen nutzen.“

So gehört auch die Bundesingenieurkammer dem Runden Tisch „Serielles, modulares & systemisches Bauen“ an. Martin Falenski, Hauptgeschäftsführer der BIngK, nahm der Auftaktveranstaltung, einem Workshop in den Räumlichkeiten der Bundesstiftung Bauakademie, teil.

Fotos: (c) Anke Illing

Bundesstiftung Bauakademie 2

Beirat der Bundesstiftung Bauakademie nimmt Arbeit auf

Beirat der Bundesstiftung Bauakademie nimmt Arbeit auf 1665 834 Bundesingenieurkammer

Am 4. September 2023 traf sich der Beirat der Bundesstiftung Bauakademie zu seiner Auftaktsitzung. Der neuberufene Beirat soll die Stiftung beraten und unterstützen sowie auf die programmatische Ausrichtung einwirken. Die Bundesingenieurkammer gehört dem Beirat an.

Grafik Beirat Bauakademie

Die Gremien der Bundesstiftung Bauakademie sind in der Satzung verankert. Sie bestehen aus dem Stiftungsrat, dem Vorstand und dem Beirat.
Der Stiftungsrat entscheidet in allen Angelegenheiten, die für die Stiftung und ihre Entwicklung von Bedeutung sind. Der Vorstand vertritt die Bundesstiftung und nimmt ihre laufenden Geschäfte und Rechtsgeschäfte wahr. Er ist an die Weisungen des Stiftungsrats gebunden und führt dessen Beschlüsse aus. Der Beirat wird zur fachlichen Beratung des Stiftungsrats und des Vorstands berufen und unterstützt die Bundesstiftung Bauakademie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben.

Grafiken: (c) Bundesstiftung Bauakademie

Mobilität der Zukunft

Wir müssen unseren Blick um mehr als 1,5 Grad ändern

Wir müssen unseren Blick um mehr als 1,5 Grad ändern 2400 1350 Bundesingenieurkammer

Wenn vom 5. bis 10. September 2023 die IAA Mobility in München stattfindet, dreht sich dort nicht alles um neue Modelle, sondern es wird auch über die Zukunft der Mobilität, Nachhaltigkeit und Tech gesprochen. Einen Denkanstoß möchte Dipl.-Ing. Konrad Rothfuchs, Vize-Präsident der Hamburgischen Ingenieurkammer-Bau, mit seinem nachfolgenden Beitrag geben. Aus Sicht eines Verkehrsplaners ordnet er die Bedeutung der Verkehrswende ein. Denn über die Verkehswende zu reden, heißt für ihn sich der Diskussion zu stellen, wie eine deutliche Reduktion des CO2-Ausstoßes erreicht werden kann. Er wendet sich dabei auch explizit an den Berufstand, an Ingenieurinnen und Ingenieure.

Ein Denkanstoß: Wir müssen unseren Blick um mehr als 1,5 Grad ändern

Von Dipl.-Ing. Konrad Rothfuchs

Mit dem Pariser Klimaabkommen aus dem Jahr 2015 wurde völkerrechtlich eine Begrenzung der Erderwärmung vereinbart. In Deutschland gibt es seit ein paar Jahren ein Klimaschutzgesetz, das einen Pfad zur Treibhausgasneutralität bis 2045 vorgibt. Schrittweise sollen so die CO2-Emissionen in den verschiedenen Sektoren reduziert werden. Der Verkehrssektor ist einer davon. Der Versuch einer Einordnung aus Sicht der Verkehrsplanung – lückenhaft, aber wichtig!

Es tut sich etwas, aber sind wir, die Gesellschaft als Ganzes und hier besonders auch unser Berufsstand, das Bauingenieurwesen, schnell genug? Ist uns bewusst, welche Konsequenzen unser Nichtstun gerade auf das Klima hat?

Einige Beiträge in der Fachdiskussion (1) weisen auf die anstehende große Aufgabe hin, nur in der Mitte der Planenden und in der täglichen Praxis scheinen die Prozesse unverändert zu sein. Diese Situation hat sicherlich viele Gründe, wie z. B. ein mangelndes Verständnis seitens der Auftraggeber:innen oder kurzfristig angelegte Wirtschaftlichkeitsüberlegungen.

Das ändert sich zurzeit in einem so bemerkenswerten Tempo. Die Veränderungsankündigungen sind teilweise so ambitioniert, dass wir möglicherweise sogar Gefahr laufen könnten „das Kind mit dem Bade“ auszuschütten.

Sogar die Politik hat in vielen Feldern in den letzten Monaten eine erstaunliche Kehrtwende vollzogen. Plötzlich wird ein autoarmes Stadtquartier im politischen kommunalen Kontext nicht mehr belächelt, sondern von fast allen Parteien gefordert.

In der Diskussion fällt jedoch auf, dass viele Gesprächspartner:innen die Ursache für den energisch stattfindenden Meinungsumschwung noch nicht verinnerlicht haben, sondern hauptsächlich in Folge des öffentlichen Drucks den Blick in eine veränderte Zukunftsperspektive wagen.

Das ist auch auf vielen Fachplanungsebenen zu beobachten, so dass der große Zusammenhang als Narrativ nochmals eine besondere Rolle übernehmen muss.

Fünf Argumente und ein Fazit

Warum wir die Verkehrswende nicht nur aus ökologischer Sicht umgehend und sehr konsequent umsetzen müssen:

1. Warum wir den Temperaturanstieg deutlich begrenzen müssen?
Die prognostizierten Folgen haben wir in den letzten Jahren schmerzlich erleben können. Hitze und Dürre, Starkregen sowie ein bevorstehender Anstieg der Meeresspiegel verdeutlichen uns zunehmend die anstehenden Veränderungen. Die damit verbundenen Migrationsströme werden voraussichtlich mit Anstrengungen verbunden sein, die alle unsere bisherigen Berührungen, die wir mit Migration gesammelt haben, voraussichtlich deutlich übersteigen werden. Diese Veränderungen werden uns und den politisch Verantwortlichen zunehmend bewusst, so dass wir von dieser Seite in den kommenden Jahren eine energische Aufforderung zu einem veränderten Handeln erwarten können.

2. Warum unser bisher eingeschlagener Weg nicht ausreicht?

Co2 Kontingent

Abb. 1: CO2-Gesamtausstoß um den Zielwert von maximal 1,5°C Temperaturanstieg zu erreichen (Quelle: Eigene Darstellung nach Latif 2022)

Grundsätzlich wird in vielen wissenschaftlichen Abhandlungen die These vertreten, dass die Menschheit ca. 2,8 Milliarden Gigatonnen CO2 emittieren darf, um einen Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur unter 1,5°C sicherstellen zu können. (2) Dabei ist zu beachten, dass wir seit Beginn der Industrialisierung schon 2,4 Milliarden Gigatonnen emittiert haben und damit nur noch 0,4 Milliarden Gigatonnen als Restkontingent verbleiben, was, wenn wir als Weltgemeinschaft so weiter machen, in 7 bis 8 Jahren aufgebraucht sein wird (vgl. Abb. 1). Bei den errechneten 2,8 Milliarden Giga-Tonnen ist jedoch die Wahrscheinlichkeit den Zielwert zu unterbieten mit 67 Prozent nicht besonders hoch ausgeprägt. Für eine Beurteilung der Situation ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass das emittierte CO2 mehrere hundert Jahre benötigt, um sich aus der Atmosphäre wieder zu verflüchtigen und somit als Konstante zu sehen ist.

Die 6 Szenarien zum weltweiten C02-Austoßes

6 Szenarien globale Durchschnittstemperatur

In der Abbildung 2 sind sechs mögliche Temperaturverläufe dargestellt, die von unterschiedlichen Szenarien eines weltweiten CO2 -Ausstoßes, ausgehen. Die Szenarien und ihre Konsequenzen:

Kein klimapolitischer Eingriff
In diesem Szenario macht die Weltgemeinschaft so weiter wie bisher und die derzeit laufenden klimapolitischen Maßnahmen werden ab sofort eingestellt. Dies wird eine weitere Zunahme der Emissionen nach sich ziehen, so dass wir von einem Temperaturanstieg bis zum Jahr 2100 von 4,1 bis 4,8°C ausgehen müssen, was ganze Regionen unbewohnbar machen würde.

Aktuelle klimapolitische Maßnahmen
Das zweite Szenario berücksichtigt alle aktuell verabschiedeten klimapolitischen Maßnahmen auf der Welt, die ergriffen wurden, um den CO2-Ausstoß zu mindern. In diesem Szenario müssen wir mit einem Temperaturanstieg von 2,8 bis 3,2°C rechnen.

Aktuelle klimapolitische Ziele
Sollten alle aktuellen klimapolitischen Ziele, die von der Weltgemeinschaft formuliert wurden, umgesetzt werden, müssen wir immer noch mit einem Temperaturanstieg von 2,5 bis 2,8°C rechnen.

Versprechen aller Länder
Dieses Szenario beschreibt die Versprechungen aller Länder und die damit verbundene Wirkung, die eine Erwärmung von 2,1°C prognostisch zur Folge hätte.

2°C und 1,5°C
Die beiden zusätzlichen Kurven bilden die erforderlichen Emissionsentwicklungen ab, um einen Temperaturanstieg von 2°C bis 1,5°C einhalten zu können. Besonders bemerkenswert ist hierbei, dass das 1,5°C Ziel nur dann einhaltbar scheint, wenn wir ungefähr ab dem Jahr 2060 CO2 aus der Atmosphäre absorbieren und z. B. in den Untergrund verpressen, also eine negative Emissionsbilanz erzielen.

3. Warum pflanzen wir nicht einfach Bäume?
Hier unterliegen wir in der Dimension oft einem Trugschluss, bei dem wir den Bäumen zu viel Speichervolumen für CO2 zutrauen. Im Durchschnitt bindet ein Baum, wenn er ausgewachsen ist, ca. 100g/Tag CO2, so dass die Fahrt mit einem Pkw zum 750 m entfernten Bäcker schon einen Baum zur Kompensation erfordert.

Es herrscht auch der Irrglaube vor, neu angepflanzte junge Bäume brächten einen sofortigen Ausgleich. Erst nach Jahren gesunden Wachstums wird das jedoch der Fall sein.

Der weltweite Waldbestand nimmt seit Jahrzehnten stärker ab als neue Waldflächen entstehen.

Verschiedene wissenschaftliche Studien kommen zu dem Ergebnis, dass der weltweite Waldbestand seit Jahrzehnten stärker abnimmt als neue Waldflächen entstehen. (3) Zu denken sollte uns ebenfalls geben, dass zurzeit China das einzige Land ist, dass eine ernsthafte Aufforstung betreibt, um dem Klimawandel mit dieser Maßnahme Paroli zu bieten.

4. Warum ist es gewagt, ausschließlich auf technische Lösungen zu setzen?
Es wird zunehmend nach Verfahren gesucht, die die Bindung von CO2 aus der Atmosphäre ermöglichen. Die weltgrößte Anlage, mit dem Namen ORCA, die CO2 absorbiert und es so ermöglicht, diese in tiefe Gesteinsebenen zu pressen, steht in Island. Ihre jährlich Filterleistung ist mit 4.000 Tonnen angegeben, was bedeutet, dass wir mit dieser Technologie ca. 100 vergleichbare Anlagen ab sofort jeden Tag bauen müssten, um bei unserem derzeitigen Emissionsverhalten das 1,5°C Ziel noch einhalten zu können. Die zum Betrieb der Anlagen nicht ganz unerheblich dabei benötigte Energie muss natürlich erneuerbar sein. Andere Verfahren werden zurzeit getestet und können in der Zukunft einen entsprechenden Beitrag leisten. Die Wirkung dieses Verfahrens wird jedoch aller Voraussicht nach nur einen geringeren Beitrag zur Reduzierung des CO2-Gehalts darstellen.

Wir werden die angestrebten 15 Millionen E-Fahrzeuge bis 2030 verfehlen.

Ein weiterer Hebel wird in der E-Mobilität gesehen. Viele Fachleute, wie z. B. Ferdinand Dudenhöfer vom CAR-Center Automotive Research in Duisburg, gehen davon aus, dass wir die heute allen Prognosen zugrunde gelegten 15 Millionen E-Fahrzeuge bis zum Jahr 2030 weit verfehlen werden. Die Berechnungen zeigen, dass von einer nur halb so hohen Marktdurchdringung ausgegangen werden muss, was die Erwartungen stark dämpfen würde.

5. Warum ist das unser Problem?
Unsere Verantwortung fängt schon vor über 150 Jahren mit der Industrialisierung an. So zeigt ein Blick auf die kumulierten Emissionen ab dem Jahr 1850, dass Europa und Nordamerika für 50 Prozent des gesamten menschlich gemachten CO2-Ausstoßes verantwortlich sind (vgl. Abb. 3).

Deutschland hätte bei einer gerechten Aufteilung der maximalen Emissionsanteile z. B. noch ein Restbudget, das bei unserem heutigen CO2-Ausstoß in ca. 6,2 Jahren aufgebraucht wäre. Die USA haben dagegen schon heute ihr Kontingent voll ausgeschöpft. China holt zwar in den letzten Jahren beängstigend auf, hat aber bei gleichwertiger Verteilung der Emissionen noch ein sehr viel größeres Restbudget als die westliche Welt. (vgl. Abb. 3: Anteile der kumulierten Emissionen seit 1850 – Quelle: Eigene Darstellung nach Latif 2022)

Co2 Emission pro Kopf

Auch bei dem jährlichen CO2-Ausstoß pro Kopf liegt Deutschland auf dem 7. Platz mit 10,4 Tonnen/Person und Jahr im Weltranking weit vorne (vgl. Abb. 4: CO2-Ausstoß pro Kopf in Tonnen pro Jahr – Quelle: Bundesumweltamt 2022).

Trotzdem sind wir sicher nicht die größten Emittenten (2 Prozent des weltweiten Ausstoß pro Jahr), wobei der Verkehr in Deutschland „nur“ einen Anteil von ca. 19 Prozent vom gesamten Jahresausstoß zu verantworten hat. Problematisch dabei ist jedoch, dass Deutschland im Verkehrssektor in den letzten 30 Jahren nur knappe 10 Prozent CO2 einsparen konnte, was im Vergleich zur Gesamtreduktion in diesem Zeitraum von ca. 39 Prozent deutlich weniger ambitionierter ausfällt.

6. Und nun?
Uns muss klar sein, dass wir die Zusagen, die wir der Weltgemeinschaft im Rahmen unserer CO2-Bilanz gemacht haben, mit einem „weiter so“ nicht einhalten können (vgl. Abb. 5).

Zusagen Deutschland CO2 Emission

Abb. 5: Zusagen Deutschland zu CO2 Emission (Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz 2022)

Die Zusagen verpflichten uns, bis zum Jahr 2030, also innerhalb der kommenden 7,5 Jahre, unseren CO2-Ausstoß im Verkehrssektor mehr als zu halbieren, um die Ziele einhalten zu können. Eine CO2-Neutralität wurde zunächst für das Jahr 2050 versprochen, dann aber – wohlgemerkt ohne große Einsparerfolge und nach mehrfacher Verfehlung der jährlichen Emissionsgrenzen – auf das Jahr 2045 verkürzt. Hiervon sind wir jedoch noch weit entfernt.

Deshalb diskutieren wir die Verkehrswende, die es schaffen muss, hier eine deutliche Reduktion des CO2-Ausstoßes bewirken zu können. Zu den Hebeln müssen Push- wie Pull-Maßnahmen zählen. Das Bundesumweltamt hat hierzu acht Bausteine für eine wirkungsvolle Steuerung herausgearbeitet (vgl. Abb. 6). Jeder der Punkte ist streitbar und verdeutlicht, dass diese Veränderung nicht geräuschlos von statten gehen wird.

Ein Fazit
Besonders bei den restriktiven Push-Maßnahmen, wie Tempolimit oder Parkraumbewirtschaftung, müssen wir in den kommenden Jahren sehr viel schneller und konfliktfähiger werden. Die Sorge, das könnte unsere Gesellschaft spalten, ist berechtigt. Deshalb werden Narrative erforderlich, die die angesetzten Maßnahmen nachvollziehbar erläutern. Gleichzeitig müssen wir eine größere Durchsetzungskraft entwickeln, die bei intelligent geführten Beteiligungsverfahren beginnt und bei klug realisierten Verkehrsversuchen nicht enden darf.

Verkehrsplanung Rahmenbedingungen und Bausteine

Abb. 6: Bausteine für einen klimaverträglichen Verkehr (Eigene Darstellung nach Umweltbundesamt, 6/2023)

Konrad Rothfuchs

Autor: Dipl.-Ing. Konrad Rothfuchs, Geschäftsführer und Mitinhaber von Argus Stadt und Verkehr Partnerschaft mbB, Hamburg, und Vize-Präsident der Hamburgischen Ingenieurkammer-Bau

Der Beitrag wurde ebenfalls im Deutschen Ingenieurblatt 7-8/2023 veröffentlicht.

(1) Sobek, Werner: non nobis – über das Bauen in der Zukunft, Band 1: Ausgehen muss man von dem, was ist, 3.  Auflage, Stuttgart, Deutschland: avedition, 2022; Friedrich, Markus: „Maßnahmenbereiche zur Einhaltung der CO2-Minderungsziele und deren Wirkungspotenziale“, Vortrag im Rahmen der FGSV-Tagung 2022 in Dortmund, Dortmund, 2022

(2) Laftif, Mojib: Countdown, unsere Zeit läuft ab – was wir der Klimakatastrophe noch entgegensetzen können, Deutschland, Freiburg, Verlage Herder, 2022

(3) Deutscher Bundestag: Entwicklung des globalen Waldbestandes in den letzten zehn Jahren, WD 5: Wirtschaft und Verkehr, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Online-Publikation, 2019

Titel: (c) Fons Heijnsbrock/unsplash
Foto Konrad Rothfuchs (c) Roman Pawlowski

Sprecher Länderbeiratswahl 2023

Sprecher des Länderbeirats gewählt

Sprecher des Länderbeirats gewählt 2560 1440 Bundesingenieurkammer

Am 1. September 2023 wählte der Länderbeirat der Bundesingenieurkammer sein neues Leitungsteam: Dipl.-Ing. Torsten Sasse, Präsident der Ingenieurkammer der Freien Hansestadt Bremen, wurde zum Sprecher des Länderbeirats gewählt. Als sein Stellvertreter wurde Dr.-Ing. Hans-Jörg Temann, Präsident der Ingenieurkammer Sachsen, ernannt. Beide wurden einstimmig gewählt.

Die Wahl findet turnusmäßig alle zwei Jahre statt. BIngK-Präsident Dr.-Ing. Heinrich Bökamp bedankte sich bei den bisherigen Sprechern des Länderbeirats, Dipl.-Ing. Peter Bahnsen, Präsident der Hamburgischen Ingenieurkammer-Bau, und seinem Stellvertreter, Prof. Dr.-Ing. Stephan Engelsmann, Präsident der Ingenieurkammer Baden-Württemberg, für die Leitung des Gremiums in den vergangenen zwei Jahren.

Der Länderbeirat der Bundesingenieurkammer berät den Vorstand der BIngK bei seinen Aufgaben und dient der stärkeren Einbindung der Länderingenieurkammern. Er tagt zwei Mal im Jahr, ihm gehören die 16 Präsidenten der Landeskammern an.

Herzlichen Glückwunsch zur Wahl.

Sprecher Länderbeirat

Die neugewählten Sprecher des Länderbeirats und ihre Vorgänger am 1. September 2023 in Berlin.

v.l.n.r.:
Dipl.-Ing. Torsten Sasse, Präsident der Ingenieurkammer der Freien Hansestadt Bremen,
Dipl.-Ing. Peter Bahnsen, Präsident der Hamburgischen Ingenieurkammer-Bau, Dr.-Ing. Hans-Jörg Temann, Präsident der Ingenieurkammer Sachsen,
Prof. Dr.-Ing. Stephan Engelsmann, Präsident der Ingenieurkammer Baden-Württemberg

Fotos: (c) Bundesingenieurkammer

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